Einige von euch werden mitbekommen haben, dass meine freundin (im weiteren Tripverlauf nenne ich sie S.) in den letzten monaten in die welt der psychedelischen drogen eingetaucht ist, nach dem ich ihr jahre lang nur hin und wieder davon erzählte. Da sie eine komplizierte familiengeschichte hat - voll von traumatischen erlebnismaterial - und tief verwurzelte, unverarbeitete konflikte in sich trägt, begannen wir zunächst vorsichtig und nahmen einige male zusammen 2C-B. Anschließend probierten wir moderate dosierungen LSD, dann eine relativ hohe dosis und nun eine sehr hohe. Ihre trips verliefen stets konfliktfrei und bewegten sich auf der ästhetischen ebene. Euphorische zustände, verstärkung / veränderung der visuellen wahrnemung und abstrakte köprererlebnisse. Insgesamt schien sie weniger intensiv auf die droge zu reagieren als ich und brauchte für ähnliche effekte höhere dosierungen. Sie unterlag der "narrenfreiheit", die unerfahrene, die die ersten male psychedelische drogen konsumieren, oft für sich beanspruchen konnte. Die trips führten einfach noch nicht so tief ins innere.
Kommen wir nun zum eigentlichen trip. Wir starteten am späten sonntag nachmittag - ihrem geburtstag. Wir gaben die extrem starken tropfen jeweils in ein glas sekt. Wir tranken beide etwa die hälfte. Da es gerade dunkel wurde, beschlossen wir noch schnell einen kleinen spaziergang bei dämmerung durch den nahe gelegenden wald zu machen, da S. im dunkeln nicht in den wald gehen mochte. Wir verschätzten uns jedoch ein wenig, als wir bei dem wald ankamen, war es schon fast ganz dunkel. Wir hatten eine kleine provisorische papierlaterne mit einem teelicht darin gebastelt und mit genommen. Im wald angekommen zündeten wir das teelicht an, es ging jedoch des öfteren wieder aus, was jedes mal mit einer komplizierten anmach-aktion verbunden war. Dabei merkte ich auch, dass ich bereits sehr drauf war. Etwa 20 minuten nach einnahme. Meine beine waren weich, S. ging es genau so. Wir schlenderten weiter am wald entlang bis S. mir sagte, dass sie sich dort nicht wohl fühlt und sie wieder nach hause wollte.
Das war mir recht, inzwischen wurde die wirkung stetig sehr schnell sehr viel stärker. Ich war erschöpft, der rückweg fühlte sich an, als würden wir durch schlick laufen und kaum vorran kommen (und wir hatten unsere golfschuhe vergessen....

Ich merkte, wie das LSD immer tiefere, primitivere gefühle aus mir heraus holte. S. hingegen war noch völlig gefasst und verspürte nur eine schwache wirkung. Also trank sie auch noch die andere hälfte vom LSD. Ein fehler, wie sich später heraus stellte.
Die bilder auf dem pc monitor begannen sich auszubreiten. Ich saß auf meinem bett und konnte es nicht fassen, was mir da aus dem bildschirm entgegen geschleudert wurde. Ein riesiger wulzt von gefühlen, formen, farben, bildern, stimmungen prasselte auf mich ein. Inzwischen hatte das psychedelische feuer, was aus dem bildschirm heraus loderte, das halbe zimmer eingenommen.
Ich realisierte, das dieser noch in den kinderschuhen steckende trip eine herausforderung werden würde. In anbetracht dessen, dass S. gerade nachgelegt hatte, entwickelte sich in mir das gefühl, die kontrolle behalten zu müssen, um ihr beistehen zu können, damit ich noch irgendwas machen konnte, sollte es ihr schlecht gehen. Nun befand ich mich aber selbst an der schwelle dazu, dass der trip ein kampf werden würde. Ich musste es zulassen. Das wusste ich ganz genau. Mein verstand funktionierte perfekt und ich konnte das ganze ausmaß der dramatik völlig bewusst erleben, ohne es ändern zu können. Ich fragte mich, wieso ich jahrelang etliche bücher über den LSD einsatz in der psychotherapie beschäftigt hatte, wenn ich jetzt nach unzähligen LSD trips so eine simple LSD krise nicht durchleben, voll zulassen und positiv bewältigen konnte.
Der grund war das unterschwellige bedürfnis S. bei ihrem sich langsamer entfaltenden trip begleiten zu können. Und noch ein faktor stand im raum. Ich hatte das primitive gefühl, als müsste ich in anbetracht meiner langjährigen LSD erfahrungen vor S. die kontrolle bewahren können, sonst würde sie mich für schwach halten. Rational war dieses gefühl nicht zu begründen, wir führen keine solche beziehung, in der so etwas nötig sein würde. Wir kennen unsere schwachen seiten, unsere abgründe und komplexe.
Ich schaute S. an - inzwischen war sie völlig geometrisiert, hatte überall schnörkel und eckige muster - , sagte ihr, dass mir der bildschirmschoner zu anstrengend wurde und dass ich sie jetzt als haltepunkt brauchte. Wir lagen auf dem bett und sie nahm mich in den arm. Dort konnte ich völlig loslassen. Wieder prasselten etliche bilder auf mich ein, bis ich schließlich merkte, dass es mir wieder sehr gut ging. Das drama war durchgestanden.
Euphorie stieg in mir auf. Verwirrt und sehr verplant war ich trotzdem noch. Wir beschlossen "charlie und die Schokoladenfabrik" anzuschauen, ein sehr toller tripfilm übrigens. Unglaublich abstrakt, von der LSD überspitzung bis ins absurde verzerrt. Während dessen wurde die wirkung bei S. anscheinend stärker und stärker, was ich gar nicht so realisierte, da ich nicht dran dachte, dass sie ja noch nachgelegt hatte. Sie wurde stiller. Ich interpretierte das als runterkomm-introvertiertheit. Auch ich bin beim runterkommen von LSD trips oft sehr still und rede kaum noch. Also dachte ich, das beste wäre, sie in ruhe zu lassen.
Inzwischen war der film zu ende,wir schauten anschließend "sunshine" und ich kam langsam vom trip herunter. S. erlebte zu dieser zeit erst ihren peek. Sie war immer noch sehr still, konnte jedoch beim besten willen nicht in worte fassen, was sie innerlich fast zerriss. Als wir das licht und den film ausmachten, begann sie sich an mich zu klammern und begann endlich wieder zu sprechen. Sie sagte mir, dass es ihr schlecht geht. Sie erlebte sich als einen absolut schlechten, aroganten, egozentrischen menschen. Sie erlebte sich als unfassbar naiv, LSD auf die leichte schulter genommen zu haben. Ihre persönlichkeit, ihr leben erschien ihr als gigantische, völlig kaputte mauer, die von grund auf saniert werden muss.
Dies würde aber niemals möglich sein, weil viel zu viel kaputt ist. Sie tauchte in ein strudel aus negativen COEX-Systemen ein, bekam vom LSD alle möglichen situationen vor augen geführt, für die sie jetzt schuld und egoismus empfand. Sie versuchte mir das alles zu erklären, ich versuchte sie dazu zu ermutigen loszulassen, das erlebnis anzunehmen, ruhig zu bleiben und sich nicht reinzusteigern. Ich betonte das den charakter eines spiels, den LSD-erlebnisse haben und ermutigte sie aufzugeben, weil sie nicht gewinnen kann.
In den augenblicken, in denen wir miteinander redeten, in denen ich ihr mut zusprach und ihr sagte, dass sie für viele menschen sehr wichtig ist und sie im moment nur in völlig überspitzter, ironischer zynischer LSD form die negativen facetten ihrer persönlichkeit erlebt, ging es ihr etwas besser. Ich sagte ihr, dass alles was sie sieht, total übertrieben und vom LSD entstellt ist, um sie auf die fehler hinzuweisen.
Dann kamen aber immer wieder wellen, die sie fort rissen. Sie wurde hin und her gezerrt, methaphorisch gesprochen mit ihrem gesicht die eigene scheiße gedrückt. Nun begann die angst vor dem verrückt werden hinzu zu kommen. Sie weinte und wimmerte, es tat mir in der seele weh. Einerseids wusste ich, dass sie sich dem vollen ausmaß ihres LSD erlebnisses stellen musste, um es aufzulösen. Andererseits sah ich sie, wie sie völlig verzweifelt um ihren verstand kämpfte und wimmerte, dass sie doch nur will, dass "Es sie wieder gehen lässt". Weinend rief sie demonstativ, dass sie aufgeben würde, dass sie LSD unterschätzt hat und das sie eingesehen hätte, was sie alles für schlechte seiten in sich trägt. Sie hatte befand sich in ihrer persönlichen hölle und wollte nur noch nach hause. Alles war ihr fremd geworden und sie steigerte sich in das gefühl rein, nicht mehr zurück zu kommen. Ich sprach ihr mut zu, betonte das dieses tiefe angstgefühl immer schwächer werden würde. Dass sie in einigen stunden runter kommt. Dass sie geduld haben muss. Alles half nichts.
Sie suchte den schlüssel zurück. Keiner passte. Es war ein teufelskreis. Ich konnte ihr nicht mehr zumuten, sie zu ermutigen, die augen zu schließen, den focus nach innen zu richten und bis zur kernerfahrung des negativen coex-sxstems vorzudringen, um den teufelskreis zu beenden. Auf diesem trip nicht mehr, dazu war sie zu erschüttert. Ich musste sie abkenken, und wir schauten ihren lieblingsfilm, den sie als schlüssel zurück betrachtete. Ich sagte ihr, dass alles für sie der schlüssel zurück sein kann, schon eine staubflocke auf den bett kann in der richtigen situation zur richtigen zeit der schlüssel sein. Der stein der weisen. Der schlüssel für die auflösung ihres LSD-Rätsels
Inzwischen war auch ich unsicher geworden. Ich war zwar schon am runterkommen, doch immer noch lange nicht nüchtern. Ich hatte angst um sie. Natürlich merkte sie das und wurde dann auch wieder unsicherer.
Phasen von beruhigung wechselten sich ab mit phasen der reinen panik. Und das gute 7-8 stunden nach einnahme. Ich durfte auf keinen fall ausstrahlen, dass es mich auch verunsichert, dass sie in dieser tripphase noch so heftige wirkungen verspürt. Bei einer derartigen dosis ist es jedoch auch eigentlich auch normal. Dennoch: ich hatte schuldgefühle und angst um meine freundin. Ich würde es mir nie verzeihen können, wenn sie schaden an dem erlebnis nehmen würde. Ich hatte sie in ihre persönliche hölle geführt. Und ich war nun für sie der einzige weg wieder zurück. Sie musste sich auf mich verlassen können. Und das über stunden. Das kostete einige energie, aber ich wollte für sie da sein.
Die nächsten stunden verbrachten wir fast ausschließlich zusammen, wir hielten die meiste zeit über engen körperkontakt, ich kam mit wenn sie pinkeln musste, wir duschten gemeinsam, sie konnte nicht allein sein. Und ich wollte ihr aus diesem erlebnis raushelfen. Sehr langsam kam sie wieder runter, die angst verrückt zu werden wurde wurde wieder schwächer. Wir redeten viel, es tat ihr gut mir alles zu erzählen, was sie zuvor nicht ausdrücken konnte. Innerlich hatte sie mehrere romane geschrieben und filme gedreht über die gefühle, bilder und situationen, die sie durchlebte. Das hätte sie fast zum platzen gebracht. Wenn sie nicht angefangen hätte, mir davon zu erzählen, wäre sie daran zerbrochen, sagt sie. Der trip klang dann nach 12-15 stunden langsam wieder aus und am nächsten abend konnten wir endlich völlig erschöpft schlafen.
Im nachhinein danke ich gott, falls es einen gibt, für zwei dinge: erstens, dass unser tripverlauf zeitlich so verschieden war. 2-3 stunden früher hätte ich warscheinlich nicht in der form unterstützung leisten, wie S. sie brauchte. Zweitens, dass ich nicht noch die andere hälfte des LSD getrunken hatte, als wir aus dem wald wieder kamen. In beiden fällen wäre das ganze wohl noch wesentlich schwieriger geworden, als es eh schon war.
Von der eigentlichen psychedelischen erfahrung her, war es für mich ein zwar starker, extrem visueller und in der anfangsphase für etwa 1 stunde schwieriger trip. Für S. war es jedoch das schlimmste erlebnis ihres lebens, welches sie stark erschüttert hat. Jetzt, zwei tage später ist sie immer noch recht still und fühlt sich leer. Ich möchte ihr so gerne helfen. Ich fühle mich schuldig, obwohl ich weiß, dass jeder durch seine persönliche hölle selbst gehen muss. Ich bin unsicher, ob ich ihr in der situation auf noch bessere weise hätte helfen können.
Sie wird wohl nie wieder LSD nehmen. Sie wird beginnen die riesige mauer zu tapezieren. Da bin ich mir sicher. Ich hoffe sehr, dass sie das erlebnis in etwas umwandeln kann, was sie im nachhinein als etwas positives sehen kann, weil es der startschuss zu einer veränderung war.
Ich weiß, dass es zur LSD erfahrung dazu gehört, auf völlig überspitzte, bösartig sarkastische weise auf die dunkelsten facetten seiner persönlichkeit zu stoßen. Ich habe das ja selbst alles erfahren in all den jahren. Trotzdem tut es mir so unendlich leid, dass es für sie so schockierend bösartig, teuflich dämonisch war. Es tat unfassbar weh, die frau meines lebens in dem emotional bösartigsten, verängstigsten LSD-zustandes ihres lebens zu sehen.
Wir werden in naher zukunft zusammen ziehen und eine kleine familie sein (sie, ich und ihre katze ;-) ). Ich versuchen sie dabei zu unterstützen, die mauer zu sanieren.
Ich würde mich freuen, eure meinung zu dem ganzen zu hören.