Euch gebührt mein Dank! Sehr bereichernde Beiträge, die mir viele interessante und wertvolle Gedanken beschert haben!
hiob hat geschrieben:daraus habe ich die lehre gezogen, dass ich mir meine beiträge hätte ebenso sparen können.
Bitte nicht! Die Tatsache, das unzureichend auf deine Beiträge eingegangen wird, bedeutet längst nicht, dass sie nicht gelesen und ins individuelle Gedankenbild integriert werden.
So überwinde dich, einer ungenannten Anerkennung zufolge, deine Erfahrungen hier zu posten. Mein Dank wäre dir sicher.
Erraphex hat geschrieben:Warum werten und klassifizieren?
Hättest du ohne Wertung diese Erfahrung nicht einfach als Erfahrung hinnehmen können? Wie jede andere Erfahrung auch? Färbte nicht erst die Wertung die Erfahrung?
Danke.
Damit hast du vollkommen Recht. Zwar muss ich
gowiththeflo Recht geben, das diese Wertung eher einer unwillkürlichen Reaktion obliegt; so wird mir aber im weiteren Verlauf des Gedankenganges klar, dass ich bewusst dem einiges zu tue. Eine angsterfüllte, psychedelische oder psychotische Erfahrung ohne den Vorausgang der Einnahme einer Substanz ist nachwirkend unangenehm. Man bekommt den Eindruck, in der geistigen Welt seien Fehlstrukturen am werken - verbinden, was nicht zusammengehört, trennen, was eine Einheit bildet; doch wird mir, sowie ich über deinen Kommentar nachdenke, gewahr, das womöglich erst der willkürlich geschaffene Gegenpol der Angst jene Zweiteilung des Bewusstseins schafft, vor der er fürchtet. Die natürliche und ureigene, durch Psychedelika beschleunigte Veränderung, führt - ähnlich wie die Übelkeit in der Wachstumsphase - zu zeitweiligen Verschiebungen und Verzerrungen, zu längerfristigen Veränderungen; doch sofern wir uns angsterfüllt gegen die Veränderung stellen und der Natürlichkeit der Entwicklung unser Bewusstsein entgegen stellen, beschwören wir die Trennung zwischen Bewusst und Unterbewusst, zwischen Verstand und Instinkt; und gedeiht nicht zuletzt dort das große Übel - in der Uneinigkeit, die wir uns selbst schaffen?
Ich hatte diese Gedanken schon öfter: man muss es hinnehmen, wie es kommt. Auch auf der psychedelischen Welle sollte man sich tragen lassen, wenn man vor dem Wellengang fürchtet und versucht dagegen zu schwimmen, wird man von Welle zu Welle überschwemmt und gerät in Angst, das sich dieser Sturm niemals mehr legen möge. Doch erscheint uns das Grauen nur dann als furchterregend, wenn wir uns mit ihm konfrontiert sehen - sofern wir auf den Wellen zu schwimmen lernen, können wir selbst aus der Tiefe des Gewässers die schönsten und kostbarsten Erkenntnisse gewinnen.
Danke für deinen Widerspruch. Er war mir sehr hilfreich.
Erraphex hat geschrieben:Die Konfrontation mit der Angst vor einer psychischen Erkrankung steht im Laufe jeder psychedelischen Laufbahn an. Das ist imho eine der menschlichen Grundängste. Das sie bei dir nach einer solchen Erfahrung zu Tage tritt ist nicht ungewöhnlich.
Ich bin mir im Laufe der letzten Wochen darüber klar geworden, dass ich eine lange Zeit benötige, die psychedelischen Erfahrungen in meinen Geist zu integrieren. Ich versuche jede geöffnete Tür auch nachträglich zu betreten, versuche jeden Fetzen Erinnerung zu besuchen, jede unglaubliche Erfahrung zu integrieren. Aber die Gewissheit, das diese Ängste und mitunter die angstbehaftete Veränderung bei fast jedem zeitweilig vorhanden ist, gibt mir viel Sicherheit und Klarheit auf meinem weiteren, psychedelischen Lebensweg.
Oi! hat geschrieben:Die Gründe für die vielen Probleme mit Psychedelika sind wohl das junge Alter und mMn auch die fehlenden Bezugspersonen.
Womöglich auch das falsche Motiv? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Psychedelika den Geist und die Seele unberührt lassen; angenommen man konsumiert in reger Gesellschaft LSD, feiert und tanzt, singt und staunt, redet und schweigt und beendet diese Erfahrung im selben Bewusstsein, wie sie begonnen wurde - so entwickeln sich möglicherweise unterschwellig Ströme, die bewusst nicht wahrgenommen wurden. Immerhin waren sie abgelenkt, haben die Tiefe verkannt und missverstanden. Nun geschehen solche Erlebnisse öfter und plötzlich bricht der Damm, die im Unterbewussten vollzogenen Veränderungen treten zutage und konfrontieren das Bewusstsein mit aller Gewalt mit dem Anderen. Sofern diese im oberflächlichen Bewusstsein vermeinten, die psychedelische Erfahrung habe keinen anderen Nutzwert für sie gehabt, als die angenehmen, geselligen Stunden zu intensivieren, könnte diese Uneinigkeit zwischen dem veränderten Unterbewusstsein und dem gleich gebliebenen Bewusstsein eben diesen Zwiespalt öffnen, den ich weiter oben schon beschrieben habe.
Es gibt Statistiken darüber, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, nachträglich an einer Psychose zu erkranken. Doch dabei wurde kein Wert auf die Motive, Persönlichkeitsstrukturen und Rahmenbedingungen gelegt. Ich habe davon gelesen, dass in den 70er Jahren eine Studie ergab, dass 1% auf einem LSD Trip hängen bleibt und 0,3% nie wieder zurück kehren. Doch wenn man sich die Bedingungen in der damaligen Zeit anschaut, erachte ich diesen Prozentsatz für die heutige Zeit als längst überholt und völlig überhöht. Damals haben viele LSD genommen ohne zu wissen, was die nächsten Stunden mit und in ihrer Umwelt passiert. Ansprechende Techniken zur Beruhigung gab es nicht in jener Form, wie heute - daher glaube ich, dass kaum jemand, der vernünftig damit umzugehen weiß, unter derart boshaften Nachwirkungen zu leiden hat. Aber jeder sollte sich selbst am besten kennen.
Oi! hat geschrieben:In südamerikanischen Ländern hat man oft Rituale die sich seit Jahrhunderten bewährt haben (Das Meer) und Top ausgebildete Schamanen die wissen wie man das Schiff fährt.
Wahrhaft - doch kann mir jemand sagen, ob es auch in diesen Regionen Erscheinungen einer "drogenbedingten Psychose" gibt, wie man das im westlich-medizinischen Kreis zu nennen pflegt? Ich denke ebenfalls, dass diese Schamanenvölker viel besser mit den heiligen Pflanzen und Pilzen umgehen können, als wir. Vor allem respektieren sie die Substanzen und integrieren deren Nutzen in ihre Gesellschaft. Wir machen das viel zu oft alleine, individuell, im Geheimen, im Verbotenen - mich würde es nicht wundern, wenn alleine diese Zwangsmaßnahmen dafür sorgen, dass Psychedelika mitunter auch Schaden anrichtet.
Phoenix hat geschrieben:[...]aber sie können auch dazu führen, dass man völlig verstört auf seiner Couch liegt und sich schrecklich fühlt. Mit der Zeit kann man viel üer die dynamischen Prozeße seines Geistes lernen und kann mit Bewusstseinsveränderungen besser umgehen, aber gerade in der ersten Zeit kann man ebend auch oft noch nicht damit umgehen, weil der innere Leidsdruck zu stark ist.
Wie ich weiter oben schon beschrieb, könnte dieses Phänomen dem Unbehagen in der jugendlichen Wachstumsphase gleichkommen. In dieser Zeit verändert sich der Körper ebenfalls, wächst, breitet sich aus, erweitert sich gewissermaßen: und die Folgen des Wachstums sind Unwohlsein, Übelheit, Erschöpftheit. Wenn man dieses körperliche Phänomen auf den Wachstum des Geistes überträgt und die gewaltigen Sprünge, welche durch Psychedelika ermöglicht werden, noch hinzu addiert, könnte das zu gewaltigen Missempfindungen führen. Der eine leidet darunter, der andere bleibt verschont - wichtig ist nur, wie wir damit umgehen; ob wir uns in die Tiefe des Problems hineinsteigern, hypochondisch werden und hinter jedem Anflug eine Krankheit vermuten oder ob wir es nehmen, wie es kommt, den Körper die Stabilisierung wiederherstellen lassen und uns anschließend über die zugewonnene Erfahrung freuen. Dass das leichter gesagt ist, als getan, leuchtet mir - meiner eigenen Erfahrung zufolge - ein; doch schließe ich keinesfalls aus, dass der Schrecken mehrheitlich von mir selbst und nicht von der in mir stattfindenden Veränderung und Verzerrung stammt. Denn wenn man sich mit aller Kraft etwas einzubilden versucht, steigert sich auch die kleine, womöglich unter normalen Umständen für harmlos befundene Verschiebung im eigenen Geist.
Phoenix hat geschrieben:Alles sind Vorgänge deines Geistes, nur Menschen fangen an zu werten.
Genau dieser Satz spiegelt sich in dem von mir genannten wider. Er ist voller Wahrheit.
raellear hat geschrieben:Sicherlich, manchmal kam mein Verständnis nicht mit der Geschwindigkeit der Erfahrung zurecht und ich blieb verwirrt und unsicher von einem Trip zurück, aber bisher konnte sich das Puzzle im Nachhinein immer sinnvoll lösen.
Und was passiert, wenn jemand, anstatt sich dem Puzzel zu widmen, dem weiterführenden Erleben mit Psychelika den Vorzug erteilt? Dann bleibt keine Zeit dafür übrig, die aufgeworfenen Fragen und Zweifel zu beantworten, das verursachte Chaos zu ordnen, die geöffneten Räume zu besuchen - man konfrontiert sich automatisch mit mehr, greift noch tiefer das wackelnde Gerüst an und stürzt es in letzter Konsequenz womöglich selbst.
raellear hat geschrieben:Die Schattenseite hat sich bei mir eher in schmerzhaften Erkenntnissen wiedergespiegelt: Loslassen von der Konsensrealität, Begreifen der allgemeinen Probleme in mir selbst und der Gesellschaft; Erkenntnis meiner Schwächen und Schattenseiten. Aber wo Schatten, da auch Licht...
Nennen wir das einen
sonnigen Schatten.
Aber so geht es mir auch: nach meiner bisher einzigen Erfahrung mit Pilzen haben sich die von dir genannten Veränderungen eingestellt. Aber diese empfand ich durchweg als mir zugehörig und positiv. Einsamkeit und Isolation stellten sich zeitweilig ein, aber das hielt mich nicht davon ab, dem Erlebnis auch Nachhinein einen göttlichen Schweif zu belassen.
anima hat geschrieben:Eine gravierende Veränderung der Wahrnehmung (optisch, akustisch, aber viel mehr auf sinninterpretatorischer Ebene, vor allem was Gefühle anbelangt) kann ich sehr wohl bestätigen, würde diese aber auch als einen wichtigen Grund angeben, der mich überhaupt veranlasst zu trippen. Eine Veränderung, in Form von Entwicklung, meines Seins.
Meine Motivation ist dieselbe. Und ich denke jeder von uns denkt, zumindest in Ansätzen, genauso. Dass auf diesem Weg der Psyche durchaus auch Steine liegen, man sich möglicherweise sogar blutige Füße läuft, ist normal - man sollte sich deshalb aber nicht an den Wegrand stellen und über die Schmerzen jammern. Veränderungen vollziehen sich immer stückweise, oft ruckig, oft ungewohnt und unangenehm. Deshalb sind sie aber nicht weniger wertvoll. Das habe ich dank Euch erkannt.
getintoit hat geschrieben:obwohl ich sicher bin ne schizophrene psychose bescheinigt zu bekommen, würde ich nem psychiater erzählen was ich wirklich denke. ;>
Ich glaube mit diesem Satz sprichst du einen sehr wichtigen Punkt an. Während du deine Veränderung angenommen, integriert und genutzt hast, haben sich andere dagegen gestellt und sind in der Tat "ver-rückt" geworden. Manch einer hängt möglicherweise dazwischen - im Spalt zwischen der nicht gewollten Veränderung und der alten, bekannten Welt; du hast nach meiner Spekulation losgelassen und bist diesen Weg willkürlich in Einigkeit mit dir selbst gegangen. Das was du zu erzählen hast klingt für den Normalen vielleicht genau so fremd und verrückt, wie die Worte des Verrückten. Doch du bist dir deiner Weisheit sicher, du bist in dir weiter- bzw. mitgegangen.
gowiththeflo hat geschrieben:Dieses Profil geht einher mit konstanten, nie vollends abklingenden, unbegründeten unterschwelligen Ängsten und Sorgen, chronischer Unzufriedenheit, Selbstmitleid und Hass, jeder logischen Erklärung spottend, die mitunter in der Vergangenheit spontan – jedoch selten bzw. immer seltener werdend – in panischen Krisensituationen kulminierten, aber nie Überhand gewannen. Allein die Erinnerung an das Gefühl des blanken Grauens, das Verweilen im Schmerz, macht die Angst so beständig. Am Gegenpol ziehen spontane, intensive Glücksgefühle, stoische Gelassenheit und eiserner Wille sowie tiefe Freude und Dankbarkeit, am Leben zu sein.
Das kommt mir sehr bekannt vor. Und dennoch sprichst du schon selbst an, dass der Grundstein in dir selbst und unabhängig von den Psychedelika, vorhanden ist; können uns die heiligen Substanzen bei der Verarbeitung dieser Probleme helfen? Können sie der schier sinnlosen Welt - unserer nihilistischen Weltanschauung - einen neuen Wert geben oder sogar die psychischen Widersprüchlichkeiten glätten?
Du schreibst dazu:
Durch Psychedelika hat sich gefühlsmäßig kaum etwas geändert. Die Situation hat sich weder verbessert, noch verschlechtert. Insgesamt wurde sie dadurch nur bewusster und somit plastischer im Laufe der Zeit.
Doch vielleicht steckst du erst am Anfang? Darf ich fragen, wie lange du bereits konsumierst? Wesentlich dabei ist auch, dass das, was im Unterbewusstsein ummauert war, durch Psychedelika freigegeben wurde. Das Bewusstsein richtet den Blick auf das, was tief sitzt und an der eigenen Substanz nagt. Jene Charakterzüge wurden uns vordem allerdings nie in ihrer eigentlichen Präsenz offengelegt. Es geschah auf Umweg, Abzweigungen, indirekten Verknüpfungen. Ich hatte schon früher oft das Gefühl, das etwas in mir nicht richtig glatt ist - hatte sowohl gewaltige Höhenflüge als auch das tiefsitzende Gefühl der Beklemmung. Nachdem ich Psychedelika nahm und mich monatelang damit beschäftigt habe, konnte ich einigen auf völlig neue Weise erkennen. Und ich bin mir darüber im Klaren, das ich erst ein paar Schritte in eine neue Richtung gegangen bin. Der eigentliche ursächliche Weg ist noch sehr sehr weit....
Vielen Dank für eure hervorragenden Kommentare. Sie haben mir unglaublich viel geholfen. Ich hoffe dieses Forum bleibt weiterhin in der Form erhalten, in der es heute existiert - denn ich kenne keines, welches so sehr meinen Interessen und gar meiner Persönlichkeit entspricht, wie dieses.

Die Realität ist Spiegelbild der Seele; wird nun das Innere verzerrt, so verschieben sich auch die Wesenszüge der Wirklichkeit.