Re: semi-psychedelische literatur

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homme hat geschrieben:bei mir wars genau andersrum

nach dem glasperlenspiel war ich - ja..ganz arg!
Es hat ganz sicher geschafft mich einige Male zu überraschen. Eigentlich jedes der Enden ließ mich mit offenen Mund zurück. Das war bei Siddharta anders. Und trotzdem hat mich dieses Buch in seinem Gesamteindruck mehr bewegt. Wenn mich das Glasperlenspiel vielleicht mehr beeindruckt hat. Ach, einfach zwei großartigen Bücher. ;)
happiness is the absence of resistance

Re: semi-psychedelische literatur

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Dharma Bums von Jack Kerouac ist wirklich genial.

Die deutsche Übersetzung ist manchmal etwas holprig, merkt man schon beim Titel "Gammler, Zen und hohe Berge"

Aber auch auf deutsch ein toll zu lesendes buch.

Also, das Buch erzählt aus der Ich-Perspektive die Geschichte vom "Ruacksackrevolutionär" Ray Smith. Das Alter Ego von Jack Kerouac reist durch die USA, nur mit einem Rucksack und ein paar habseligkeiten trampt er oder fährt auf Güterzügen schwarz mit. Als er nach Berkeley kommt trifft er seinen ersten "Dharma Bum" Japhy Rider. Japhy war Holzfäller und hat es irgendwie an die Uni geschafft, wo er sich eindringlich mit Zen Buddhismus beschäftigte. Japhy lebt in einer kleinen Hütte, übersetzt chinesische Gedichte, meditiert, feier, besteigt Berge.

Japhy führt Ray in seine Dichterqlique ein, voller verrückter individualisten.

IM laufe des Buches befruchten sich beide Gegenseitig mit Ideen, Japhy lern nämlich "seine boddhisatvas immer auf der straße kennen" und Ray ist seiner Meinung nach einer.

Das Buch hat keine wirklich spannende Handlung, viele Passagen bestehen nur aus beschreibungen von Trampereien, von den Leuten die ihn mitnehmen, der Umgebung und der Schönheit der Natur. Viel wird über Zen geschrieben, man erlebt wie die hauptfigur sich immer weiterentwickelt, von japhy immer mehr das einfach leben zu schätzen lernt.

Es strömt nur so vor Liebe zum Leben und freiheit, Japhy und Ray suchen eine alternative zur bedeutungslosen Konsumkultur und haben für sich den Weg der Dharma Bums, und der Rucksackrevolutionäe entdeckt.

Sehr großes Buch, kann ich jedem nur empfehlen.

Gruß

Infos zum Autor: http://de.wikipedia.org/wiki/Jack_Kerouac
Und das Buch: http://www.amazon.de/Gammler-Hohe-Berge ... 816&sr=8-1
„Verbrennen musst du dich wollen in deiner eignen Flamme: wie wolltest du neu werden, wenn du nicht erst Asche geworden bist!“

Re: semi-psychedelische literatur

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Mhh, so wie das klingt könnte dann auch sein Buch "on the road" (deutscher Titel: Unterwegs) was für dich sein.

Auch das ist in erster Linie ein Reisebereicht von seinem Alter Ego und einem Freund durch die USA, mit geklauten Autos, als Tramper, auf Güterzügen, Sex, Drugs n Jazz ist die beste beschreibung des Buches.

Intressant ist bei dem Teil das er und sein Bekannter eine Art aussenperspektive auf die bürgerliche Welt einnehmen, und das Amerika der 50er Jahre als quasi "geduldete Besucher" beschreiben.

Großartiges Buch auch, mir persönlich gefällt Dharma Bums besser, weil zu der Freiheit, der Liebe, und der Liebe zum Leben die seine Bücher verströmen hier noch wunderbare Passagen über Zen, und tolle Unterhaltungen zwischen ihm und Japhy über das Leben, Zen usw. vorkommen, die einfach beeindruckender sind als jede abhandlung über Zen in der irgendwer waas zu erklären versucht.

Kleines Beispiel:

Am Anfang des Buches ist Ray Anhänger des Mahayana Buddhismus, Japhys "verrückt intellektuell künstlerischen" Zen Buddhismus lehtn er ab, bei Zen stünde ihm nicht genug die Nächstenliebe im Fokus, so kommt es zu der unterhaltung:

ray: "All diese zen meister die ihre armen schüler veralbern, sie mit wortspielereien verwirren, und statt ihnen Antworten auf ihre Fragen zu geben in den dreck werfen...."
Japhy: "Mein lieber, das tun sie nur um ihren Schülern zu Zeigen das Dreck besser ist als Worte!

Ich mag das Buch auch wegen der Charaktere, Japhy ist einfach genial beschrieben, und die Entwicklung die Ray durchmacht ist sehr intressant.
„Verbrennen musst du dich wollen in deiner eignen Flamme: wie wolltest du neu werden, wenn du nicht erst Asche geworden bist!“

Re: semi-psychedelische literatur

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*Leben einhauch*

In der Lektüre der jüngst vergangenen Zeit fielen mir immer wieder psychedelische Textabschnitte in den Werken verschiedener Vertreter der Romantik und des Deutschen Idealismus auf, von welchen ich zwei, die imo sehr gut hier rein passen, eben auch hier zitieren möchte.

Aus einem Fragment Novalis' zu seinen "Vorarbeiten", Mai 1798.:
Es liegt nur an der Schwäche unserer Organe und der Selbstberührung, dass wir uns nicht in einer Feenwelt erblicken. Alle Mährchen sind nur Träume von jener heymatlichen Welt, die überall und nirgends ist. Die höhern Mächte in uns, die einst als Genien unsern Willen vollbringen werden, sind jezt Musen, die uns auf dieser mühseligen Laufbahn mit süssen Erinnerungen erquicken.
Nochmal Novalis, Die Lehrlinge zu Sais:
Wem regt sich nicht, rief der Jüngling mit funkelndem Auge, das Herz in hüpfender Lust, wenn ihm das innerste Leben der Natur in seiner ganzen Fülle in das Gemüth kommt! wenn dann jenes mächtige Gefühl, wofür die Sprache keine andere Namen als Liebe und Wollust hat, sich in ihm ausdehnt, wie ein gewaltiger, alles auflösender Dunst, und erbebend in süßer Angst in den dunkeln lockenden Schooß der Natur versinkt, die arme Persönlichkeit in den überschlagenden Wogen der Lust sich verzehrt, und nichts als ein Brennpunkt der unermeßlichen Zeugungskraft, ein verschluckender Wirbel im großen Ozean übrig bleibt!
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Re: semi-psychedelische literatur

22
Das zweite Zitat finde ich sehr schön und trifft die Erfahrung gut.

Der nicht zitierte Teil des ersten Zitates bereitet mir keine Probleme.
anima hat geschrieben:Die höhern Mächte in uns, die einst als Genien unsern Willen vollbringen werden, sind jezt Musen, die uns auf dieser mühseligen Laufbahn mit süssen Erinnerungen erquicken.
Dieser Teil verwirrt mich dagegen.

Mächte die einst - ist bezogen auf die Vergangenheit. Vollbringen werden - ist bezogen auf die Zukunft. Erquicken ist in der Gegenwart.

:verwirrt:
happiness is the absence of resistance

Re: semi-psychedelische literatur

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Ist schon verwirrend; allerdings ist die Aufhebung aller Zeit ein großes Thema innerhalb der romantischen Literatur - besonders noch vor 1800 -, so dass solche Kreuzungen und Verschränkungen nicht nur inhaltlich, sondern auch und ganz besonders, schematisch und systematisch gelesen werden können.
Es soll ein vergangenes 'goldenes Zeitalter', das in der Gegenwart erloschen ist, in der Zukunft - gern mit Hilfe eines mystischen, fantastischen Initials - wieder auferstehen. In diesem wird dann z.B. auch keine Zeit mehr existieren und demnacht auch nie existiert haben .... :)
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Re: semi-psychedelische literatur

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Immer gern ;)

Die romantische, vor allem noch die transzendentale Poesie ist sowieso bald generell psychedelisch imo. Allein schon diese komplexen Konstruktionen von Symboliken und innersten, ehrlichsten Seelentätigkeiten .... einfach schön :)

.... nun, da ich Internet habe, werd ich vielleicht noch weitere Textpassagen hier reinstreuen, wenn ich über welche stolpern sollte.
My bubble -- my rules

Re: semi-psychedelische literatur

26
Das TAO wurde erwähnt:
(das NICHTS zwischen den Dingen gibt den Dingen ihre Brauchbarkeit:
- man stemmt das NICHTS der Fenster für des Hauses Brauchbarkeit;
- das NICHTS zwischen den Speichen eines Rades, gibt dem Rad Brauchbarkeit;
- man denkt das Nichts zwischen den Gedanken im Hinblick auf der Gedanken Brauchbarkeit (is von mir ;)
~~(in Gedenken an C.Castanedas "Don Juan")

hierzu sollte man "Gebete" von Tim Leary (die psychedelische Interpretation des TAOteKING): http://www.projektpan.de/LearyTao.pdf lesen.
poiZEN

Re: semi-psychedelische literatur

27
poiZEN hat geschrieben:Das TAO wurde erwähnt:
(das NICHTS zwischen den Dingen gibt den Dingen ihre Brauchbarkeit:
- man stemmt das NICHTS der Fenster für des Hauses Brauchbarkeit;
- das NICHTS zwischen den Speichen eines Rades, gibt dem Rad Brauchbarkeit;
- man denkt das Nichts zwischen den Gedanken im Hinblick auf der Gedanken Brauchbarkeit
Erinnert mich an Fichtes Sich-Selbst-Setzendes-Ich aus seiner Wissenschaftslehre, das, von allem Seienden abstrahierend, nur sich selbst erkennt und das eben nur deswegen, weil es auch gleichzeitig all das setzt, das es nicht ist; also von der Warte des ICH aus das Nichts und von der Warte des Seienden aus das Alles(-andere), was dann das Selbe ist .... :strubbel:

Und nochmal was vom Herrn von Hardenberg, Heinrich von Ofterdingen; diesmal etwas länger:
"[...] So ist mir noch nie zumute gewesen: es ist, als hätt ich vorhin geträumt, oder ich wäre in eine andere Welt hinübergeschlummert; denn in der Welt, in der ich sonst lebte, wer hätte da sich um Blumen bekümmert, und gar von einer so seltsamen Leidenschaft für eine Blume hab ich damals nie gehört. [...] Es ist mir oft so entzückend wohl, und nur dann, wenn ich die Blume nicht recht gegenwärtig habe, befällt mich so ein tiefes, inniges Treiben: das kann und wird keiner verstehn. Ich glaubte, ich wäre wahnsinnig, wenn ich nicht so klar sähe und dächte, mir ist seitdem alles viel bekannter. Ich hörte einst von alten Zeiten reden; wie da die Tiere und Bäume und Felsen mit den Menschen gesprochen hätten. Mir ist grade so, als wollten sie allaugenblicklich anfangen, und als könnte ich es ihnen ansehen, was sie mir sagen wollten. Es muß noch viel Worte geben, die ich nicht weiß: wüßte ich mehr, so könnte ich viel besser alles begreifen. Sonst tanzte ich gern; jetzt denke ich lieber nach der Musik." Der Jüngling verlor sich allmählich in süßen Phantasien und entschlummerte. Da träumte ihm erst von unabsehlichen Fernen, und wilden, unbekannten Gegenden. Er wanderte über Meere mit unbegreiflicher Leichtigkeit; wunderliche Tiere sah er; er lebte mit mannigfaltigen Menschen bald im Krieg, in wildem Getümmel, in stillen Hütten. Er geriet in Gefangenschaft und die schmählichste Not. Alle Empfindungen stiegen bis zu einer nie gekannten Höhe in ihm. Er durchlebte ein unendlich buntes Leben; starb und kam wieder, liebte bis zur höchsten Leidenschaft, und war dann wieder auf ewig von seiner Geliebten getrennt. Endlich gegen Morgen, wie draußen die Dämmerung anbrach, wurde es stiller in seiner Seele, klarer und bleibender wurden die Bilder. Es kam ihm vor, als ginge er in einem dunkeln Walde allein. Nur selten schimmerte der Tag durch das grüne Netz. Bald kam er vor eine Felsenschlucht, die bergan stieg. Er mußte über bemooste Steine klettern, die ein ehemaliger Strom herunter gerissen hatte. Je höher er kam, desto lichter wurde der Wald. Endlich gelangte er zu einer kleinen Wiese, die am Hange des Berges lag. Hinter der Wiese erhob sich eine hohe Klippe, an deren Fuß er eine Öffnung erblickte, die der Anfang eines in den Felsen gehauenen Ganges zu sein schien. Der Gang führte ihn gemählich eine Zeit lang eben fort, bis zu einer großen Weitung, aus der ihm schon von fern ein helles Licht entgegen glänzte. Wie er hineintrat, ward er einen mächtigen Strahl gewahr, der wie aus einem Springquell bis an die Decke des Gewölbes stieg, und oben in unzählige Funken zerstäubte, die sich unten in einem großen Becken sammelten; der Strahl glänzte wie entzündetes Gold; nicht das mindeste Geräusch war zu hören, eine heilige Stille umgab das herrliche Schauspiel. Er näherte sich dem Becken, das mit unendlichen Farben wogte und zitterte. Die Wände der Höhle waren mit dieser Flüssigkeit überzogen, die nicht heiß, sondern kühl war, und an den Wänden nur ein mattes, bläuliches Licht von sich warf. Er tauchte seine Hand in das Becken und benetzte seine Lippen. Es war, als durchdränge ihn ein geistiger Hauch, und er fühlte sich innigst gestärkt und erfrischt. Ein unwiderstehliches Verlangen ergriff ihn sich zu baden, er entkleidete sich und stieg in das Becken. Es dünkte ihn, als umflösse ihn eine Wolke des Abendrots; eine himmlische Empfindung überströmte sein Inneres; mit inniger Wollust strebten unzählbare Gedanken in ihm sich zu vermischen; neue, niegesehene Bilder entstanden, die auch ineinander flossen und zu sichtbaren Wesen um ihn wurden, und jede Welle des lieblichen Elements schmiegte sich wie ein zarter Busen an ihn. Die Flut schien eine Auflösung reizender Mädchen, die an dem Jünglinge sich augenblicklich verkörperten.
Berauscht von Entzücken und doch jedes Eindrucks bewußt, schwamm er gemach dem leuchtenden Strom nach, der aus dem Becken in den Felsen hineinfloß. Eine Art von süßem Schlummer befiel ihn, in welchem er unbeschreibliche Begebenheiten träumte, und woraus ihn eine andere Erleuchtung weckte. Er fand sich auf einem weichen Rasen am Rande einer Quelle, die in die Luft hinausquoll und sich darin zu verzehren schien. Dunkelblaue Felsen mit bunten Adern erhoben sich in einiger Entfernung; das Tageslicht das ihn umgab, war heller und milder als das Gewöhnliche, der Himmel war schwarzblau und völlig rein. Was ihn aber mit voller Macht anzog, war eine hohe lichtblaue Blume, die zunächst an der Quelle stand, und ihn mit ihren breiten, glänzenden Blättern berührte. Rund um sie her standen unzählige Blumen von allen Farben, und der köstlichste Geruch erfüllte die Luft. Er sah nichts als die blaue Blume, und betrachtete sie lange mit unnennbarer Zärtlichkeit. Endlich wollte er sich ihr nähern, als sie auf einmal sich zu bewegen und zu verändern anfing; die Blätter wurden glänzender und schmiegten sich an den wachsenden Stengel, die Blume neigte sich nach ihm zu, und die Blütenblätter zeigten einen blauen ausgebreiteten Kragen, in welchem ein zartes Gesicht schwebte. Sein süßes Staunen wuchs mit der sonderbaren Verwandlung, als ihn plötzlich die Stimme seiner Mutter weckte, und er sich in der elterlichen Stube fand, die schon die Morgensonne vergoldete. Er war zu entzückt, um unwillig über diese Störung zu sein; vielmehr bot er seiner Mutter freundlich guten Morgen und erwiderte ihre herzliche Umarmung.
Novalis, Heinrich von Ofterdingen, hrsg. von Wolfgang Frühwald, Stuttgart 2004, S. 9, Z. 12 bis S. 12, Z. 9.
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Re: semi-psychedelische literatur

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In Gottes Namen, ich liebe Novalis, liebe ist hier das einzig richtige Wort, leider hab ich bisher nur Heinrich von Ofterdingen und seine Hymnen an die Nacht gelesen, und einiges was man beim Prjekt Gutenberg bekommt.

Gibt es noch erschwingliches? Ich habe nie wirklich billige ausgaben von ihm gefunden...
„Verbrennen musst du dich wollen in deiner eignen Flamme: wie wolltest du neu werden, wenn du nicht erst Asche geworden bist!“

Re: semi-psychedelische literatur

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Erschwingliches? .... kein Plan. Geh doch einfach in die Uni-Bibliothek und kopier dir, was du lesen möchtest. Ist zwar auch nicht umsonst, aber du kannst du dir raussuchen, was du gerne lesen möchtest.
Viele Dinge sind halt ausschließlich Fragmente; gern über literaturtheoretische Themen, semi-philosophische und auch bald metaphysische.
Kennst du denn die Lehrlinge zu Sais schon, aus welchen ich weiter oben schon zitiert habe? Ist ein enorm schwerer, komplexer Text imo .... des Lesens absolut wert!! Ist recht kurz, aber er benötigt seine Zeit.
Viel Spaß :)
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Re: semi-psychedelische literatur

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Also um die Liste mal zu bereichern, hier noch zwei meiner Favoriten:

Die unendliche Geschichte
Ein großartiges magisches Werk über das wandern zwischen den Welten, die Kraft des Geistes und dem Lebenssinn. Es hat mir mehr gegeben, als die meisten Bücher, die als "richtige" Philosophie daher kommen. Ich empfehle es jedem.

Momo
Auch ein wunderbares Buch, was aber insbesondere wegen einer Passage in den Bereich des Semi-psychedelischen Literatur passt:
http://spiritual-healing-records.de/lux ... under.html

Viele Grüße,
Phönix
"Würden die Pforten der Wahrnehmung gereinigt, so erschiene dem Menschen alles, wie es ist: unendlich. Denn der Mensch hat sich selbst eingesperrt, so dass er alle Dinge nur durch die engen Ritzen seiner Höhle sieht.“
(William Blake)

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