Die Fragen gefallen mir irgendwie mehr und mehr. Halte die Fragen eh für wichtiger als die Antworten.
So, um noch mal anzusetzen:
Warum erklären sich so viele ihr Erleben unter Psychedelikaeinfluss mithilfe religiöser oder spiritueller Elemente?
Kann das Erleben wirklich mit einem Geist in den Pilzen erklärt werden?
Die profunde, mystisch-psychedelische Erfahrung scheint(!) mir eigentlich nur der Fruchtboden, oder um eine andere Metapher zu wählen, der "Rohling" zu sein, auf dem zB Mythen, Religionen, sonstige Weisheitslehren usw gedeihen/aufsetzen/gebildet werden können.
Ich halte hier die C'sche Unterscheidung zwischen "Sehen" & "Schauen für zweckdienlich. Also zwischen dem unmittelbaren Wahrnehmen/Wissen und dem (an)Schauen.
Ich frage mich auch, was heisst in dieser Problematik "erklären", oder was soll mit einer Erklärung/Beschreibung wie dieser bezweckt werden? Was wird denn da er-klärt?
Wenn der Urwaldschamane bspw von einem Geist in der Liane spricht, dann möchte er scheinbar nahelegen, daß die Natur/die Welt/das All intelligent ist, also eine bestimmte Haltung in sich bzw im Hörer entwickeln/bewirken, durch die er sich der Natur, dem Mysterium, dem Geistigen achtungsvoll annähern kann, falls er (der Hörer) selbst noch nicht psychedelisch (oderwieauchimmer) erfahren ist. Dem, ders erlebt, muss mans ja bekanntlich nich erklären, und dem ders nicht erlebt kann mans nicht erklären... wer sagte das, leary, huxley. k/a. wuarscht.
Anders gesagt, er möchte uns auch vor der Torheit bewahren nicht nur den sichtbaren Teil der Welt, oder wie flow sagte, das "Äußere" der Natur zu sehen, was, so kann der Psychedeliker oder Mystiker ja bestätigen, nur ein kleiner "Teil" ihres unergründlichen Wesens ist. Was wir von einem Stein sehen, ist nicht das ganze Wesen des Steines. Was wir von einer Pflanze schauen, nicht das ganze Wesen der Pflanze usw. Er weist uns also auf das unsichtbare Wirken hinter bzw in den Dingen/Erscheinungen hin.
Kann für das Erleben tiefer Naturverbundenheit wirklich eine energetische Verbindung angenommen werden die einem klar wird unter dieser Substanz usw. usf.?
Bateson sprach zum Beispiel von einem "Muster, das verbindet", einem Muster der Muster usw... HvF setzte diesem männlichen Prinzip ein weibliches entgegen, "die Matrix, die einbettet". Und das beschreibt primär ja etwas, das wir direkt erleben können, nicht nur während eines Trips. Das eingebettet & geborgen sein in die "Welt", der "Großen Mutter" wenn man so will, das kann während des Psychedelikaeinflusses also so erlebt werden und wird somit nicht nur "angenommen". Unter einer "Annahme" verstehe ich etwas anderes.
Dieses Erleben geht bei unserem Psychedeliker voraus (Am Anfang war die TAT -Goethe). Etwas anderes ist es, wenn diese Erfahrungswelten dann sprachlich organisiert werden, wenn der Mensch also seine "Wahrheiten/Einsicht" sprachlich zusammensetzt, und seine "Kunde" bringen möchte, das stellt einen eben vor das Problem der Sprache, die eine Erfahrungswelt ausdrücken will, die über den verbalen symbolischen Verstand hinausgeht.
Hier kommen die Annahmen ins Spiel, die über die (überprüfbare) Erfahrungswelt, hinausprojeziert werden.
Vico schreibt zB in seiner Scienza Nuova
"...daß wir für die Äußerung unseres Verstehens geistiger Dinge, Hilfe bei unserer Phantasie suchen müssen, um sie zu erklären und um wie ein Maler menschliche Bilder von ihnen anzufertigen."
Dieser poetische Akt des Sprechens in Metaphern, welche dann zb weitergegeben und weitergegeben werden, bis daraus in späteren Generationen Mythologien sich bilden usw führte laut Vico dazu, daß deren Anfang in der Imagination von den Menschen vergessen wurde & nun für Wissen genommen wird, das irgendwann mal jemand in grauer Vorzeit aus TATsächlicher Erfahrung abstrahiert hat. Sie müssen das nichtmal mehr selbst erleben, sie glauben es einfach nur noch oder auch nicht, was sie so lesen. Hierin sehe ich dann schon eher den "opioiden Gedanken" Marxens, daß sie, was einst lebendige Poesie der unmittelbaren Erfahrung war, also der Geist selbst, der sich in Worte kleidete, einfach nur noch "glauben",.. Deckel auf - "theologische/esoterische/naturwissenschaftliche Weißdergeierwissen" rein, Deckel zu, ...und das ist zugegebenermaßen schon etwas schräg von so einem "Wissensbegriff" auszugehen.
Andererseits könnte man sagen, daß diese weitergebenen Fabeln, die da verknüpft wurden, ja auch wiederum dazu dienen, eine Haltung zu entwickeln, die eine solche unmittelbare Erfahrung begünstigen, in der der Mensch eben wieder frei wird von diesen "Annahmen" & HilfsIdeen und dadurch zum unmittelbaren/direkten Wahrnehmen gelangt, zu verstehen beginnt & dieses Erleben wohlmöglich wiederum in eigenen Worten und Begriffen kundtut. Ok das dieses ganze Thematik viel verzwickter ist, ist klar, aber das würde wohl den Rahmen sprengen.
Oder handelt es sich hier nicht mehr um eine phantastische Erfüllung jener Bedürfnisse, die das harte reale Leben nicht bietet? Ist es nicht zum Teil so, dass spirituelles Erleben "in einem der Ausdruck des wirklichen Elendes und in einem die Protestation gegen das wirkliche Elend" ist?
Ähm.. ja
zum Teil könnte man das so auffassen, stimmt.
Man könnte nämlich auch sagen, daß ein Teil dieses Elend, eben dadurch kommt, das wir "vergessen" haben, also vom (wirklichen) HEIL abgewichen sind. Hier setzen dann natürlich die ganzen Religionen, spirituellen Lehren usw an, aber auch Psychologie, Medizin etc.. wie auch immer.
Zum Zweiten, kann die Wirkung der Substanz möglicherweise aufgrund der spezifischen Weltanschauung
nur in diesem Kontext gedeutet werden?
Ist das nicht irgendwie wiederum eine "Anschauung" halt nur als Frage verkleidet?
Ich kann mich scheinbar nur der Bezugssysteme bedienen, die ich gegenwärtig kenne, schon entwickelt habe,
und die sind auch von Mensch zu Mensch verschieden, ja.
Ok ich/du/wir könnte neue Begriffe entwickeln.
So wie ich mir ein Etwas anschaue und es dann per ratio quasi in seine Bestanteile/Glieder zerlegen kann, mir also einen Begriff von diesem "Etwas" bilden kann ..sagen wir "Füllfederhalter", mag das für gewisse geistige-seelische Vorgänge und Prinzipien auch noch gehen, aber, so scheint mir, geht es bei dem unmittelbaren (psychedelisch-mystischen) Erleben eben nicht mehr nur um "Etwasse", daß ist wohl das Problem. Da führt man dann Begriffe wie das (persönliche&kollektive) "Unbewusste" usw usf ein, was auch nur, wie der olle Borges einmal anmerkte "..ein schäbiges Wort für das ist, was einst der heilige Geist genannt wurde".
Puhu, ich ende mal hier.. etwas wirr,, aber danke nochmal für die Fragen!