Ayahuasca(Santo Daime)-Report
Verfasst: 7. Oktober 2008, 17:44
Eigentlich wollte ich da posten, hab dann aber gemerkt, daß es vielleicht nicht so ganz der richtige Ort dafür ist. Also: Es scheint ja zwischenzeitlich Gang und Gebe zu sein, sich über irgendwelche Quellen Ayahuasca zu besorgen (ich hab in letzter Zeit wohl mehr als nur die eine oder andere Entwicklung verpennt); meine Erfahrungen damit beschränken sich auf vier Wochenenden; dazu gleich mehr.cofridge hat geschrieben:so, ich hab mir jetzt endlich ayahuasca besorgt....
Ich hab vier Monate vor meinem 16ten Geburtstag angefangen zu Kiffen und hab sehr bald schon jeden Tag geraucht und das für die nächsten 8 Jahre. Seither gelegentlich - mit exzessiven Phasen und Monaten mit gar nix. Den ersten Trip hab ich geschmissen so anderthalb Jahre nach dem ersten Joint. Hab neben vielen guten auch ein paar echt üble Erfahrungen gemacht - sehr übel. Die Folge war jedoch, daß in meiner Anwesenheit niemand, wirklich niemand, auf 'nen schlechten Trip ging. Ich hab einen Riecher dafür entwickelt, wenn Eine/Einer schlecht drauf kommt und hab's dann auch geschafft, den Leuten zu helfen die Kurve zu kriegen. Das ging so weit, daß Freunde und Bekannte, auch zu einer Zeit als ich aufgehört hatte zu trippen, mich dabei haben wollten, weil Sie sich dann sicher fühlten.
Den geneigten Leser bitte ich um Geduld, dann wird sich auch der Grund ergeben für diese laaaaaange Vorrede.

Über einen Bekannten erhielt ich einen Flyer für ein Wochenendworkshop, in dem von einem Schamanentrunk die Rede war. Ich hat so 'ne Ahnung was das wohl sein könnte aber mehr auch nicht. Bin also da hingefahren und da liefen dann neben so zwei bärtigen Brasilianern nur die Eingeborenen A/CH/D rum(in blauen Hosen, weißen Hemden und blauen Krawatten - die Männer, blauen Röcken und weißen Blusen - die Frauen). Der Raum wurde kräftigst ausgeräuchert und an einem Ende stand ein Tisch geformt wie ein Davidstern(sechszackig) mit einem Stuhl dahinter, auf dem dann später der Pilot Platz nahm. Vor dem Tisch war ein zwei/drei Meter breiter Streifen, von dem rechts und links Stühle aufgestellt waren, fast wie im Kino, nur das die Stuhlreihen nicht nach vorne blickten sondern zueinander gedreht waren. Vom Pilot aus gesehen saßen alle Männer rechts und alle Frauen auf den Stuhlreihen links. Auf dem sechszackigen Tisch war in der Mitte ein Kreuz mit drei Querbalken(wie an russisch-orthodoxen Kirchen), eine Marienstatue blickte in Richtung Frauen und auf der Männerseite war Josef mit Jesus auf'm Arm. Des weiteren war da noch 'ne kleine Buddastatue und eine von Osho(weil der hat seinen Körper am selben Tag verlassen wie ihr letzter Großmeister und deshalb haben sie eine besondere Verbindung zu ihm).

Desweiteren gabs hinter dem Piloten in der Ecke noch 'nen Tisch; das war der Altar und da stand das Gebräu. Das wurde auch nicht Ayahuasca genannt, sondern Santo Daime(dai me = gib mir und Santo = heilig, weil bei Christen ist halt alles Santo). Nach diversen Vater Unser und gegrüßest seist Du Maria gings nach vorne - wie in der katholischen Kirche zur Kommunion - und jeder bekam vom Piloten seine Dosis abgemessen; dann zurück auf den Platz und Lieder aus 'nem Büchelchen auf der linken Seite auf Portugiesisch und rechts auf Englisch und so auf dem Niveau: Ich bin klein, mein Herz ist rein, soll niemand drin wohnen als Jesus allein.
Ich glaub, ich hatte in meinem ganzen Leben nie so sehr das Gefühl, ich bin im falschen Film, wie in diesem Moment. Hinzu kam das ich von dem Ayahuasca nix gemerkt hab, außer dem Gefühl ich hätt zwanzig Liter Kaffee intus. Nach 'ner Stunde oder eher zwei war dann Pause und ich bin hoch auf mein Zimmer und hab dem Typ mit dem ich da hingefahren bin noch gesagt, ich komm nicht mehr runter, weil mir das ganze dann doch zu blöde ist. Dann kamen zwei von den Schlipsträgern hoch und nach dem ihre Argumente nix brachten, ist der eine wieder verschwunden und der andere stand nur da und hat mich mit so 'nem Dackelblick angesehen, daß ich halt wieder mit runter bin. Und da ich ja jetzt eh wieder in dem Raum war, hab ich mir gedacht, ich könnt genauso gut noch mal was von dem Gebräu schlucken. Was ich nicht wußte ist, das die von dem Zeug zwei unterschiedliche Konzentrationen hatten; das eine nennen sie Wein und das andere Likör.
Ich sollte vielleicht noch vorausschicken, daß ich zum Christentum ein sehr zwiespältiges Verhältnis habe und deshalb in Gedanken so Herausforderungen abgelassen hab, nach dem Motto, hier bin ich und jetzt zeig mir mal was du so drauf hast.


Außerdem hab ich dem Piloten eingangs vor der Zeremonie nicht richtig zugehört: Der meinte, er liebe es zu fliegen und die Einnahme von Ayahuasca - äh, natürlich Santo Daime - sei wie von einem riesigen Schmetterling in die Lüfte getragen zu werden. Allerdings sprach er auch die Warnung aus, daß der Versuch dem Schmetterling die Zügel anzulegen katastrophal Enden könne. Er verwendete in dem Zusammenhang das Bild eines gestürzten Motorradfahrers der mit der Backe(Gesicht nicht Arsch) über den Asphalt rutscht.
Circa eine halbe/dreivirtel Stunde nach der Einnahme des Likörs gings dann los mit kaleidoskopartigen Farbspielen, die sehr schnell immer heftiger wurden, und ziemlich bald war das so als wär ich vorne auf 'nen ICE genagelt von außen. Irgendwann war's dann wie außen auf der Schnauze von 'nem Kampfjet mit 'nem völlig durchgeknallten Piloten, der einen Stunt nachdem anderen machte.
Die hatten da auch mehrere Matratzen auf dem Boden, und ich hab mich dann hingelegt, aber davon wurde alles nur noch schlimmer. Da war so eine Power und ich hatte dem nichts aber auch gar nichts entgegen zu setzen. Ich hab nur gedacht: Ok, ich hab Scheiß gebaut, aber es war net so gemeint und jetzt laßt mich bitte, bitte wieder vom Haken - hat nix genutzt. Irgendwann war ich so was von am Arsch, daß ich Jesus angerufen und um Hilfe gebeten hab - hat auch nix genutzt. Irgendwie hab ich's dann geschafft laut um Hilfe zu rufen und dann kam einer von den beiden Brasilianern -net der Pilot, der andere - zu mir und hat meine Hand gehalten und ich wollt fragen, wie sie das aushalten können, diese Power; aber der meinte nur: schhh, geh in dein Herz und ich wollt wieder fragen und der meinte wieder nur: schhh, geh in dein Herz und dann hat er noch gesagt: Stop acting like a boy; be a knight. Und - der hat mir echt den Arsch gerettet. Es war dann zwar immer noch oberheftig aber irgendwie bin ich halt innerlich still geworden und in mein Herz und dann war's auszuhalten. Ich mußt später noch mal zu ihm hin und heb mich neben ihm auf den Boden gesetzt und kurz seine Hand gehalten aber dann wars auch wieder o.k.
Als der Abend dann zu Ende war kam der noch mal zu mir und hat mir noch ein Glas hingehalten, ich hab vor Angst gezittert aber dann hab ich ihm in die Augen geschaut und hab's getrunken - und dann bin ich wirklich geflogen.

Ich war wirklich der Meinung, daß nach dem was ich so auf Trips erlebt habe, würd ich mit allem fertig - deshalb auch die lange Vorrede - und dann bin ich so dermaßen auf die Schnauze gefallen!
Ich hab zu hause noch wochenlang so meine Probleme gehabt und hab immer noch einen riesigen Respekt davor. Später bin ich noch mal bei denen gewesen, weil wenn man vom Pferd fällt, muß man ja auch noch mal rauf, sonst hat einem die Angst ein Leben lang; aber die Santo Daime Kirche ist einfach nicht mein Ding.
Ich hab dann in Peru noch mal mit einem Vegetalista Ayahuasca getrunken und auch das war heftig, aber nix im Vergleich mit der ersten Erfahrung. Dann war ich noch(an der Grenze D/CH) bei Giulliermo Alvaro .
Einige Tage nach dem Ersten Wochenende war ich zufällig im Frankfurter Völkerkundemuseum und da hingen zwei Bilder von Pablo Amaringo und das war genau wie auf Ayahuasca. Pablo war selber lange als Ayahuasca-Heiler tätig und arbeitet jetzt als Maler. Bilder von ihm finden sich auf Pablo Amaringo. Das nachfolgende stammt von ihm:
Zu finden auf:Pablo's Warning: Ayahuasca is not something to play with. It may even kill, not because it is toxic in itself, but because the body may not be able to stand the spiritual realm, the vibrations from the spirit world. Pablo said he had several frightening experiences with ayahuasca. Three times he thought he was going to die.*
One needs courage, a strong discipline, and to proceed by degrees. It is a long process that might take two or three years before one can venture into the higher realms. One needs a teacher that shows the correct procedures, and how to defend oneself against supernatural attack. But after some time, one needs to continue alone, because even one's teacher might become jealous of one's progress and could take away all one has learned.
*Frightening ayahuasca experiences are quite frequent. It is common that people take ayahuasca only once, and are afraid to take it again. From Ayahuasca Visions by Luna and Amaringo

Anzumerken wäre vielleicht noch, daß die Meinung in Schamanenkreisen recht verbreitet ist, die Stärke von Ayahuasca hänge direkt davon ab, wer es zubereitet - was Selbstgebrautes nicht nur schwächer, sondern vielleicht auch ungefährlicher macht?