Re: Im Sog der Weisheit
Verfasst: 11. März 2010, 10:12
@taufrisch
du sprichst den gedanken offen aus, der mir selber auch schon durch den kopf spukte.
thnx
@ Erraphex
weise worte, Erraphex.
ich bin be-rührt.
ich weiss nicht recht, was sich erwidern liese, das die bedeutung deiner rede nicht schmälern sondern noch vertiefen könnte...

vielleicht ein zitat aus hesses siddhartha.
ihr kennt die erzählung ja alle.
trotzdem sei der auszug hier geposted...
passt er doch imho sehr schön zum thema "masken" und auch zu yages leidenschaftlich-schmerzvollen suche, in der wir alle uns nur allzu klar wieder-erkennen, oder?
Er sah seines Freundes Siddhartha Gesicht nicht mehr, er sah statt
dessen andre Gesichter, viele, eine lange Reihe, einen strömenden Fluß
von Gesichtern, von hunderten, von tausenden, welche alle kamen und
vergingen, und doch alle zugleich dazusein schien-en, welche alle sich
beständig veränderten und erneuerten, und welche doch alle Siddhartha
waren. Er sah das Gesicht eines Fisches, eines Karpfens, mit
unendlich schmerzvoll geöffnetem Maule, eines sterbenden Fisches, mit
brechenden Augen--er sah das Gesicht eines neugeborenen Kindes, rot
und voll Falten, zum Weinen verzogen--er sah das Gesicht eines Mörders,
sah ihn ein Messer in den Leib eines.Menschen stechen--er sah, zur
selben Sekunde, diesen Verbrecher gefesselt knien und sein Haupt vom
Henker mit einem Schwertschlag abgeschlagen werden--er sah die Körper
von Männern und Frauen nackt in Stellungen und Kämpfen rasender
Liebe--er sah Leichen ausgestreckt, still, kalt, leer--er sah
Tierköpfe, von Ebern, von Krokodilen, von Elefanten, von Stieren, von
Vögeln--er sah Götter, sah Krischna, sah Agni--er sah alle diese
Gestalten und Gesichter in tausend Beziehungen zueinander, jede der
andern helfend, sie liebend, sie hassend, sie vernichtend, sie neu
gebärend, jede war ein Sterbenwollen, ein leidenschaftlich
schmerzliches Bekenntnis der Vergänglichkeit, und keine starb doch,
jede verwandelte sich nur, wurde stets neu geboren, bekam stets ein
neues Gesicht, ohne daß doch zwischen einem und dem anderen Gesicht
Zeit gelegen wäre--und alle diese Gestalten und Gesichter ruhten,
flossen, erzeugten sich, schwammen dahin und strömten ineinander, und
über alle war beständig etwas Dünnes, Wesenloses, dennoch Seiendes,
wie ein dünnes Glas oder Eis gezogen, wie eine durchsichtige Haut,
eine Schale oder Form oder Maske von Wasser, und diese Maske lächelte,
und diese Maske war Siddharthas lächelndes Gesicht, das er, Govinda,
in eben diesem selben Augenblick mit den Lippen berührte. Und, so sah
Govinda, dies Lächeln der Maske, dies Lächeln der Einheit über den
strömenden Gestaltungen, dies Lächeln der Gleichzeitigkeit über den
tausend Geburten und Toten, dies Lächeln Siddharthas war genau
dasselbe, war genau das gleiche, stille, feine, undurchdringliche,
vielleicht gütige, vielleicht spöttische, weise, tausendfältige
Lächeln Gotamas, des Buddha, wie er selbst es hundertmal mit Ehrfurcht
gesehen hatte. So, das wußte Govinda, lächelten die Vollendeten.

du sprichst den gedanken offen aus, der mir selber auch schon durch den kopf spukte.
thnx

@ Erraphex
weise worte, Erraphex.
ich bin be-rührt.
ich weiss nicht recht, was sich erwidern liese, das die bedeutung deiner rede nicht schmälern sondern noch vertiefen könnte...

vielleicht ein zitat aus hesses siddhartha.
ihr kennt die erzählung ja alle.
trotzdem sei der auszug hier geposted...
passt er doch imho sehr schön zum thema "masken" und auch zu yages leidenschaftlich-schmerzvollen suche, in der wir alle uns nur allzu klar wieder-erkennen, oder?
Er sah seines Freundes Siddhartha Gesicht nicht mehr, er sah statt
dessen andre Gesichter, viele, eine lange Reihe, einen strömenden Fluß
von Gesichtern, von hunderten, von tausenden, welche alle kamen und
vergingen, und doch alle zugleich dazusein schien-en, welche alle sich
beständig veränderten und erneuerten, und welche doch alle Siddhartha
waren. Er sah das Gesicht eines Fisches, eines Karpfens, mit
unendlich schmerzvoll geöffnetem Maule, eines sterbenden Fisches, mit
brechenden Augen--er sah das Gesicht eines neugeborenen Kindes, rot
und voll Falten, zum Weinen verzogen--er sah das Gesicht eines Mörders,
sah ihn ein Messer in den Leib eines.Menschen stechen--er sah, zur
selben Sekunde, diesen Verbrecher gefesselt knien und sein Haupt vom
Henker mit einem Schwertschlag abgeschlagen werden--er sah die Körper
von Männern und Frauen nackt in Stellungen und Kämpfen rasender
Liebe--er sah Leichen ausgestreckt, still, kalt, leer--er sah
Tierköpfe, von Ebern, von Krokodilen, von Elefanten, von Stieren, von
Vögeln--er sah Götter, sah Krischna, sah Agni--er sah alle diese
Gestalten und Gesichter in tausend Beziehungen zueinander, jede der
andern helfend, sie liebend, sie hassend, sie vernichtend, sie neu
gebärend, jede war ein Sterbenwollen, ein leidenschaftlich
schmerzliches Bekenntnis der Vergänglichkeit, und keine starb doch,
jede verwandelte sich nur, wurde stets neu geboren, bekam stets ein
neues Gesicht, ohne daß doch zwischen einem und dem anderen Gesicht
Zeit gelegen wäre--und alle diese Gestalten und Gesichter ruhten,
flossen, erzeugten sich, schwammen dahin und strömten ineinander, und
über alle war beständig etwas Dünnes, Wesenloses, dennoch Seiendes,
wie ein dünnes Glas oder Eis gezogen, wie eine durchsichtige Haut,
eine Schale oder Form oder Maske von Wasser, und diese Maske lächelte,
und diese Maske war Siddharthas lächelndes Gesicht, das er, Govinda,
in eben diesem selben Augenblick mit den Lippen berührte. Und, so sah
Govinda, dies Lächeln der Maske, dies Lächeln der Einheit über den
strömenden Gestaltungen, dies Lächeln der Gleichzeitigkeit über den
tausend Geburten und Toten, dies Lächeln Siddharthas war genau
dasselbe, war genau das gleiche, stille, feine, undurchdringliche,
vielleicht gütige, vielleicht spöttische, weise, tausendfältige
Lächeln Gotamas, des Buddha, wie er selbst es hundertmal mit Ehrfurcht
gesehen hatte. So, das wußte Govinda, lächelten die Vollendeten.
