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Stemwede (LSD+DXM)

Verfasst: 23. Februar 2009, 15:23
von raellear
Sommer 2008; ich war gelangweilt, nein nicht das es meinem Leben an Sinn gefehlt hätte - eher fehlte es an der passenden Umgebung. Immer zynisch gewesen, immer reserviert, immer distanziert. Das muss ja zwangsläufig so sein, du bist ein Landkind. Du drohst zu ersticken auf den vielen Partys, auf denen Kotzen fester Bestandteil der Kommunikation war.

Sommer 2008; ein Festival in Norddeutschland. Stemwede. Acker, viele Besoffene, Umsonst&Draußen. Immernoch zynisch und reserviert. Ein paar Freunde dabei, viel Alkohol, viel DXM, viel Gras. Ein paar Kapseln, sonst weiter nichts.

Sommer 2008; Tag 2 des Festivals. Auf der Suche nach Pilzen fanden wir jemanden, der noch LSD vom Wonderland-Festival eine Woche voher in Wehdem übrig hatte. Flugs jeder eine von den fiesen Hoffmännern eingebaut. DXM war zu dem Zeitpunkt schon im oberen Drehzahlbereich im Blut, viel gutes Gras dazu.

Sommer 2008; ein Lächeln kommt vom Herzen rauf. Nein das ist kein gewöhnlicher Trip. Synchronität. Alle Menschen an diesem Ort sind eins. Alle Menschen auf diesem Planeten sind eins. Alles verschmilzt. Brei. Zuerst drehende, wabbernde optische Veränderung. Dann garkeine mehr. Stillstand. Gleißend helles weißes Licht. Als wäre ein Blitz eingeschlagen.
Am höchsten Gipfel des menschlichen Seins angekommen. Sämtliche Vorurteile sind eliminiert, sämtliche Egoeigenschaften aufgelöst. Synchronität. Alle Menschen sind gleich. Mediengruppe Telekommander spielen. Ich verschenke meine restlichen Kapseln an fremde Leute. Ich lachte 'wonach will ich damit denn noch suchen?'. Ich verschenkte alles, was ich zu Essen dabei hatte. Mit zwei Freunden zog ich los und erzählte von Zeltgruppe zu Zeltgruppe, wie einfach es ist, die menschliche Existenz zu überwinden. Wir hielten Maiskolben in der Hand, die wir animalisch zuvor aus dem Feld geklaut und angefressen haben. Wir hatten nicht nur den Menschen überwunden, wir hatten sogar den Übermenschen überwunden. Ich verschenkte unser Bier und unser Gras.
Ist alles nicht mehr wichtig. Nachdem wir bis in die Nacht gewandert und gepredigt haben, sind wir erschöpft zu unseren Leuten zurückgekehrt. Der Wind hatte Staub über das Festival gewirbelt. Alles war vernebelt. Es gab eine totale Mondfinsternis, die nichts weiter war als die kosmische Bestätigung für die absolute Erfüllung, die der Menschheit, repräsentiert durch uns verstrahlte Druffis, wiederfahren ist.
Der Schlaf war ruhig und angenehm. Am nächsten Morgen immernoch kein Bedürfnis nach Besitztum, Vernunft und Verstand zwangen mich aber dazu, das Zelt doch besser wieder einzupacken.

Herbst 2008; Nicht mehr zynisch, nicht mehr berechenend. Das Leben findet hier und jetzt und in jeder Sekunde statt. Nicht mehr Suchen, einfach sein.

Winter 2008; Existenz.

Ja und ich denke immernoch jeden Tag daran, was damals in Wehdem passiert ist. Es war nicht meine erste LSD-Erfahrung und auch nicht die höchstdosierte, aber es war die wichtigste. Ich bin seit diesem Tag nie wieder zu dem Menschen geworden, den ich voher zu sein glaubte.
Das Leben ist fragmentiert, und diese Fragmentierung wird mir nun sehr offensichtlich. Manchmal komme ich mir bei der Selbstbetrachtung vor wie bei der Beobachtung eines quantenphysischen Phänomens: Wie soll ich meine Existenz definieren, wenn ich allein durch den Versuch der Definition bereits meinen Status in einen anderen überlagere?
Ganz einfach: Indem ich nicht mehr definiere, sondern einfach bin.
Und eines weiß ich: Ich werde nie wieder der gleiche sein, heute nicht wie gestern und morgen nicht wie vor 2 Jahren.

Ich bin desweiteren ziemlich dankbar, dieses Forum gefunden zu haben. Vieles von dem, was ich letzten Sommer erfahren habe sehe ich nun hier bereits in anderer Form niedergeschrieben. Das ist ein gutes Gefühl. :)