2C-B - Im Reich der Sonne

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Von der Arbeit erschöpft, fuhr ich vergangenen Donnerstag nach Hause. Das Leben der letzten Wochen war sehr aufwühlend und turbulent; Verpflichtungen, die nach mir riefen, Entscheidungen, die auf mich warteten und ein zweischneidiges Schwert, welches mir jederzeit den Kontrast zwischen Gut und Böse vor Augen führte.
Von den Extremen der Gefühle hin und her geworfen, sehnte ich mich nach der Beendigung des komplexen Chaos. Am Tag darauf, so wusste ich, würde mir ein Großteil meiner Last genommen: die Musterung der Bundeswehr stand an. Eine möglicherweise richtungsweisende oder gar zukunftsführende Entscheidung!
Um ein möglichst schlechtes Bild darbieten zu können, scheute ich nicht, meine Person zeitweilig zu zerkratzen. Ich vernachlässigte jede Form körperlicher Aktivität und steuerte willkürlich die dunklen und traurigen Seiten in mir an. Auch ein gehäufter – ja, nahezu maßloser – Drogenkonsum spielten eine entscheidende Rolle in der Planung meiner Untauglichkeit aus Sicht der Bundeswehr.
Die Ausmusterung war mir sehr wichtig, weil ich dadurch jedwede, schon tendenziell geplante Zukunft, in Gefahr sah. Dafür war es unabdingbar mich der Verwahrlosung hinzugeben, um die zuständigen Personen im Glauben zu lassen, ich sei eine unzuverlässige, selbstzerstörerische und ignorante Persönlichkeit, welche intern nicht zu dulden sei.
Ich wollte mich nicht zerstören, nur zerschunden. Ich wich nicht gänzlich von dem mir gelegten Pfad ab, sondern lief auf Steinen, um den blutenden Fuß als Mittel der erlittenen Qualen verwenden zu können. Sowohl seelisch, wie körperlich. Das dadurch geringe Schäden nachwirken könnten, war mir durchaus bewusst. Jedoch sah ich diese Phase als notwendigen Abschnitt, der, sobald überstanden, einen radikalen Sinneswandel zur Folge haben sollte.

Am besagten Donnerstag kam ich gegen 16 Uhr nach Hause. Ich legte mir notwendige Unterlagen zurecht, ging ein darzustellendes Persönlichkeitsmuster gedanklich durch und bereitete mich auf den Höhepunkt der Maßlosigkeit vor. Der Gedanke, mich bestimmter Grenzen zu nähern, reizte mich dieser Zeit; am Abend vor dem großen Tag nahm ich das mir mittlerweile vertraut gewordene 2C-B als Mittel der Wahl.
Ich wog ab – 20 mg – und bannte diese Menge in eine Gelatinekapsel. Da ich jedoch schon seit langer Zeit vorhatte, 2C-B über die rektale Applikation aufzunehmen, entschloss ich mich an diesem Abend – mich der Freiheit der Ignoranz bedienend – spontan dazu.
Neben der Gelatinekapsel füllte ich mir 15 mg in eine Einwegspritze ohne Kanüle (wie man sich denken kann ;) ) und applizierte mir diese Menge rektal.
Bereits nach 2 bis 3 Minuten begann sich das Sichtfeld merklich, jedoch zunächst subtil, zu verändern. Die Hintergründe meiner Bücher – insbesondere eine Jubiläumsschrift über LSD, verziert mit vielen bunten Mustern – traten in den Vordergrund der Wichtigkeit. Farben differenzierten sich stärker voneinander und nahmen eine ungewohnte Präsenz an. Auch in mir spürte ich eine ungewohnte Heiterkeit, die ich in dieser Form von 2C-B bisher nicht kannte. Sehr energische Gefühlsschübe. Nach etwa 10 Minuten füllte ich aus der Gelatinekapsel weitere 5 mg in die Spritze und legte auf diese Weise rektal nach. Einer intuitiven Planung zufolge schluckte ich die restlichen 15 mg in der Kapsel, trank etwas Eistee dazu, aß einen leichten Snack, um die Aufnahme zu erleichtern, und dampfe noch einen Ballon vom zuletzt übrig gebliebenen Gras. Kurz danach merkte ich, wie sich ein gewisser Zustand aufzudrängen versuchte – es zog an, mächtig, stark, überwältigend; und trotzdem sehnte ich mich danach, das zauberhafte Wetter des Tages außerhalb zu nutzen. Es war inzwischen 17 Uhr.
Ich packte das nötigste in meinen Rucksack, zog meine dünne Jacke an und sammelte noch die letzten Gedanken. Mittlerweile fiel es mir jedoch äußerst schwer einen klaren Kopf zu bewahren. Auch erschien es mir nahezu unmöglich, nüchternen Personen zu begegnen. Jedoch behielt ich noch so viel Klarheit, sicherzustellen dass meine innere Vorstellung sehr stark von dem abweichen wird, was ich äußerlich darstelle. Unauffällig, introvertiert, auf den Boden schauend, sollte man mir die massive Veränderung, welche mir zunehmend bewusst wurde, nicht ansehen. Ich setzte meinen Kopfhörer auf, suchte aus Welten von Musik die geeignete aus und begann meinen Spaziergang durch eine von Sonnenlicht durchflutete Welt.
Glücklicherweise liegt nur wenige Minuten Fußweg entfernt eine recht natürlich angelegte Parkanlage. Um dorthin zu gelangen, muss man jedoch zwei Straßen überqueren und auf Bürgersteigen laufen. Das erschien mir, trotz der zunehmenden Wirkung, jedoch nicht hinderlich. Immerhin war mir der Charakter von 2C-B mittlerweile bekannt und vertraut – auch wenn durch den rektalen Konsum bedingt, eine neue Wirkungsqualität Einzug erhielt.

Ich stand also im Flur, nahm den Schlüssel zur Hand und hörte – omnipräsent – Stimmen miteinander reden. Sie kamen von draußen und ließen mich auf die Anwesenheit verschiedener Menschen schließen. Zu der Zeit hoffte ich nur, dass mir im Hausgang niemand begegnen möge, da ich den Ursprung der Stimmen nicht genau lokalisieren konnte. Dieses Glück bestätigte sich.
Als ich den Parkplatz vor unserem Haus betrat und den Blicken der Menschen da draußen unauffällig auswich, erfüllte sich mein Zustand schlagartig mit einer geballten Ladung Heiterkeit. Es kam wirklich geballt – fast überrumpelnd, sowie ich die Sonne sah, die Vögel hörte, die Wärme spürte; ich lebte auf – alles, was zuvor war, wurde vergessen, die Präsenz der Vergangenheit löste sich zugunsten einer reichhaltig gefüllten Gegenwart auf. Auch die Musterung, welche mich zuvor noch verfolgte, verlor an Bedeutung.
Nach wenigen Minuten lief ich durch eine kleine Dorfsiedlung. Einige Häuser mit Garten. Wenige Geschäfte, keine Industrie. Sowie ich an den Häusern vorbei lief, wurde mir die unglaubliche Ausstrahlung jeden Hauses bewusst. Nicht nur das mir die Hauswände unglaublich komplex, farben- und formenreich erschienen; der Garten, die Zäune, die Bepflanzung und Fenstergarnitur; der Anstrich, die von außen sichtbare Möblierung; das alles strahlte eine sehr individuelle Persönlichkeit der Häuser, und der darin lebenden Personen, aus. Ich musste oft stehen bleiben und jedes Detail anschauen, da alles von meiner Faszination überflutet wurde. Meine Sicht war geöffnet – sowohl hinsichtlich der Weite, als auch bezüglich der Details; ich sah alles – gleichzeitig und doch voneinander differenziert; dabei spürte ich intensiv die einzigartige Welt, die sich hinter den Mauern abspielt.
Leider begegneten mir unerwartet Menschen auf dieser Straße, die mir meine aufmerksame Begutachtung der Häuser sehr merkwürdig erschienen ließen; ich ging also weiter, musste aber jederzeit meinen Blick zu den unterschiedlichen – höchst eigen- und einzigartigen – Häusern werfen.
Kurz darauf kehrte ich auf die Hauptstraße zurück. Ein eigenartiges Gefühl überkam mich, wie man sich vorstellen kann. Alles um mich herum strahlte, sowohl der Boden, auf dem ich ging, als auch Schilder und Ampeln, Autos und Haltestellen; es wurde alles von einem eigenen, inneren und nur mir ersichtlichen Charme belebt. Mein Zustand schien magisch – ich sah die Gesichter der in den vorbeifahrenden Autos sitzenden Personen; doch sah im rauschenden Fluss der Autos keine Hüllen, keine Gesichter, ich sah Persönlichkeiten, Gefühle, Situationen – ich fühlte und erkannte einen kurzen Auszug dieser Menschen und spann tausend Gedanken darüber hinaus; und so wie ich diesen Gedanken spann und verwebte, wurde mir gewahr, dass jetzt erst der letzte Rest, den ich über die Gelatinekapsel einnahm, zu wirken begann. Ich stand also erst am Anfang!
Die Welt um mich öffnete sich – oder besser noch: mein Blick weitete sich! Das große Feld, an dem ich vorbei lief, hatte eine sehr komplexe Struktur – ich überblickte es, schien nichts zu fixieren; es war übersät von Farben und Farbnuancen; gleichmäßig bewegte sich jeder Halm zum Wind – oder spielte meine Fantasie mit mir? Sah ich mehr, als gewöhnlich? Spann ich die Wahrnehmung über die Realität hinaus? Öffnete ich mich innerlich oder öffnete sich mir die Welt? Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr verzettelte ich mich in meinen Gedankenbildern. Bisher erschien mir 2C-B immer als sehr klar, strukturiert, visuell. Gedanklich blieb ich weitgehend unverändert. Doch diesmal war alles anders – es ging weiter, tiefer – das Wirkspektrum erweiterte sich maßgeblich über die Gunst des Gewohnten. Weit über die optischen Effekte hinaus. Es war alles … einfach anders.

Nach einer gefühlten Ewigkeit kam ich im Parkgelände an. Mir begegneten Menschen, mit starren, verwunderten Blicken. Ich sah Autos an mir vorbei ziehen. Und einmal stolperte ich fast, als ein gigantischer Lastwagen wenige Zentimeter neben mir vorbei schnellte. Umso erleichterter war ich, als ich endlich den Park betrat.
Dort sind viele Wiesen angelegt, die von zahlreichen asphaltierten Wegen umlaufen werden. Doch die angelegten Pfade erschienen mir unsinnig. Ich wollte quer laufen – so wie es mir passt; nur konnte ich mich nicht daran erinnern, ob der Lauf unangepasster Wege natürlich sei oder merkwürdig erscheint. Trotzdem wollte ich mir gerade jetzt, in dieser Freiheit, Wärme, Reichhaltigkeit und Vielheit, nichts nehmen lassen. Wieso auch sollte man sich an Vorgaben halten, die das Leben unnötig einschränken, sofern sie keine negativen Einschnitte bedeuten? Weshalb erheben wir eine Verhaltensform zur Norm – und widersprechen damit dem natürlichen Instinkt? Warum nicht einfach sein – und genießen – wie es ist und kommt?
Ungewöhnlich, wie sich meine Gedanken drehten und dehnten. Sie waren nicht von der Klarheit und Tiefe gezeichnet, wie es von LSD kenne. Ich blieb auch weiterhin in einer stark veränderten und verzerrten Welt, während LSD die Fähigkeit besitzt, eine völlig neue Ebene zu schaffen, die sich mitunter komplett von der normalen abtrennt. 2C-B war bunt, aufgebläht, abwechslungsreich, mal tief – mal breit – mal weitläufig – mal engstirnig – mal wunderschön und mal völlig ignorant. Ich lief von einer Wiese zur nächsten und beobachtete vorbeiziehende Gruppen. Nur einmal steckte ich in einer Bredouille, als ein Hund angelaufen kam, der scheinbar ebenso meine Aura zu vernehmen schien, wie ich die seine. Und sogleich liefen zwei Kinder heran, die, von Eltern begleitet, auf meine Person achteten. Während ich meine Veränderung nur dadurch zu kaschieren versuchte, indem ich mir ins Bewusstsein drängte, mein Zustand sei bei weitem nicht so befremdlich wie von mir selbst wahrgenommen, wurde mir nun gegenwärtig, dass ich jetzt direkt mit anderen Menschen konfrontiert werde. Ich verzog mein Gesicht, richtete meine Mundwinkel auf, spielte das alberne Spiel fremden Verhaltens – und offenbarte, nüchtern betrachtet, ein Lächeln. Wie komplex eine einfache Bewegung sein kann, wenn man sich jedem Zwischenschritt gewahr wird! Durch eine kurze Geste wich ich der Situation bestmöglich aus. Von Herzklopfen begleitet, fand ich mich wieder autark in der Natur ein und beruhigte langsam meine strapazierten Nerven.
Der schönste Moment geschah, als ich auf einer Bank saß und zusah wie die Sonne sich langsam gen Horizont neigte. Sie erschien mir so reichhaltig und warm, so lebensspendend und erfüllend, dass mir ihre Bedeutung erst in dem Moment im vollen Umfang bewusst wurde. Ich schloss die Augen, spielte mit den inneren, sich drehenden und auf mich zubewegenden Scheiben – ließ mich fallen und versank in unendlicher Tiefe, gekennzeichnet von Wärme und Geborgenheit. An dieses Gefühl, welches sich dort, an diesem Ort, in dieser Tiefe, offenbarte, erinnere ich mich nur noch ansatzweise. Aber auch wenn in meiner Erinnerung nur noch Konturen dessen sichtbar sind, so weiß ich um einen einzigartigen und wunderschönen Moment!
Das, was mir 2C-B an diesem Tag zeigte, übertraf jede vorherige Erfahrung mit dieser Substanz bei weitem. Es besaß in der Tat Möglichkeiten, die ich niemals vermutet hätte. Denn der letzte Versuch, mit etwa 28 mg oral, hatte lediglich eine hochauflösende Sicht und eine gute Einstimmung zur Folge. Kein Vergleich mit diesen Welten.
Langsam machte ich mich auf den Rückweg, wieder neben einer sehr langen, von Autos befahrenen Straße. Unglücklicherweise fuhren diese Autos unmittelbar neben dem Bürgersteig mit entgegen. Auf der einen Seite der Faszination erlegen, den vorbeirauschenden Gesichtern meine Bedeutung beizumessen, wurde ich jedoch unsicher der Blicke, die auf mich fielen.
Ich sah telefonierende, sich streitende, identitätslose, apathische Personen. Keines der Gesichter, die an mir vorbei zogen, schien glücklich, ausgeglichen, lebensbejahend zu sein. Das stimmte mich etwas traurig. Ich überlegte mir, wie wenig dazu gehört, einfach zu genießen – wie viel vor allem in dem steckt, was uns alltäglich und unbedeutend scheint; die Wärme der Sonne, wie Balsam für die Seele; die Reinheit und Unverwechselbarkeit von jedem Grashalm, die Komplexität der Äste, das Alter und die Weisheit der Bäume – die Welt war so reich an Gegebenheiten; doch anstatt sie anzunehmen, übersehen und ignorieren wir oftmals die Geschenke der Natur.
In dem Moment wurde mir klar, dass man zeitlebens versuchen sollte, bewusst zu leben und zu agieren. Je mehr man die Wolken, den Himmel, die Natur, die Tiere und alle Menschen in sein Bewusstsein mit einschließt, desto mehr beachtet man tausend unbedeutende Elemente, aus denen so viel Leben sprießt. Man achtet und erkennt die Kommunikation – außerhalb der menschlichen Hülle, man sieht und fühlt das Leben, im stillstehenden Objekt. Man muss sich – und sein Bewusstsein – nur dafür öffnen!
Wir verschmähen das Obst und frönen der Fleischeslust. Wir versperren uns in der eigenen Faulheit, obgleich der Schritt hinaus, ins Leben, in die Natur, in die Authentizität, nur einen winzigen Anreiz entfernt ist. Die Einsichten, bei diesem letzten Spaziergang, waren sehr vielseitig und komplex. Ich hatte mehrere Aha-Erlebnisse, die ich jedoch ebenso schnell wieder vergaß – sie gingen, woher sie kamen; doch sind immer und überall vorhanden; verschlossen, aber nicht verloren! Ein paar wenige Erkenntnisse konnte ich mir aber behalten. Insbesondere jene, die mit starken Gefühlen in Verbindung standen.
Kurze Zeit später stand ich wieder vor meiner Haustür. Die Welt, die ich belief, war so anders, als es mir gewohnt war – alles war ungleich komplexer, farbprächtiger, tiefsinniger; eine Welt, wie ich sie kannte, mit dem Blick, der weit über die normale Betrachtungsweise hinaus fand. Es war sehr erheiternd, zumal dies einer der ersten Tage mit schönem, aufhellendem und wärmer werdendem Wetter war.

Zuhause angekommen überfiel mich ein Grinsen. Ich wusste bereits darum. Aber die Klarstellung war nichts desto weniger amüsant: ich war exakt 70 Minuten außer Haus. Etwas über eine Stunde. Doch was zählen Minuten in einer anderen Dimension der Zeit, in einem Erlebnisbad der Sinne?
Ich machte es mir in meinem Zimmer gemütlich, räumte unliebsame Gegenstand aus dem Weg, schaffte – einem instinktiven Bedürfnis zur Folge – Ordnung und entspannte mich dann, sowie ich mich an den PC saß und einfach zurückfallen ließ. Da ich aus alter Gewohnheit wusste, dass mir die Simpsons seit jeher ein guter Begleiter meiner Trips waren, schaute ich – um kurz nach 18 Uhr – die letzten Minuten der ersten Folge an. Nach den vielen Eindrücken, die ich draußen gewann, waren mir die Simpsons eine Möglichkeit, zu entspannen, zu genießen. Außerdem wollte ich noch einen weiteren Ballon meines Volcano dampfen. Denn 2C-B gewinnt meines Erachtens sehr stark an Qualität und Intensität, wenn man es mit Cannabis verbindet. Eine Symbiose im Gehirn. Erst dadurch wird es normalerweise optisch, bunt – als würden sich beide Welten ergänzen; als sei das eine, ohne das andere, nur halbe Sache!
Ich war völlig überpumpt mit Vorfreude. Die bloße Vorstellung, jetzt erst inmitten des Trips zu stehen, den Abend noch vor mir zu haben, mich angenehm und bequem zurücklehnen zu können und einen Abend voller Möglichkeiten vor mir zu haben, erheiterte mich essenziell. Mein gesamtes Leben schien zu blühen, sowie ich mich auf die bevorstehenden Stunden freute.
Unmittelbar danach fertigte ich meine Mischung an und dampfte. Dabei liefen weiterhin Simpsons. Noch währenddessen zog etwas in mir an – es strahlte und leuchtete, die farbenreiche Umwelt wurde noch fantastischer; in jedem Objekt – ob Bild, Buch oder Technik – steckte eine überirdische Energie, ein nie gesehenes Leben. Ich war überwältigt. Als ich hinüber zum Baum schaute, der durch den Einbruch der Dunkelheit nur noch im Kontrast zum dunkelblauen Himmel zu sehen war, packte mich die äußerste Faszination. Der Baum bewegte sich – seine Äste tanzten, spielten, verbanden sich; es war wunderschön mit anzusehen. Aber auch näher stehende Bäume wurden, einmal fixiert, belebt. Als würde er unaufhörlich wachsen und doch derselbe bleiben. Ein zauberhaftes Schauspiel, welchem Worte nie genügen könnten.
Da mir die zweite Folge der Simpsons nicht zusagte, freute ich mich auf die intensive Wirkung der Musik. Klaus Schulze – ein Meister dunkler Sphären, tiefsinniger und psychedelischer Klänge und Erschaffer einzigartig einlullender Klangteppichen. Floating, ein unglaublich tiefes Stück. Ich öffnete das Fenster, lehnte mich zurück und ließ mich fallen. Wie tief ich gefallen bin, weiß ich nicht. Ob ich irgendwo ankam, kann ich ebenfalls nicht mehr genau bestimmen. Aber es war eine Welt, derer Beschreibungen nur spotten können. Darin fand ich eine Welt – eine dunkle, tiefe, isolierte Welt – die aber in sich voll von Ästhetik und Harmonie war. Eine mathematische Welt voller Gefühl. Ein Zusammenwirken von Gegensatzpaaren. Ich durchlief Räume aus Eis und Felsen. Und doch fühlte ich mich zuhause wie nirgendwo sonst. Es war ein Gefühl des Schwebens und ewigen Fallens. Und doch war ich die ganze Zeit in meinem ursprünglichen Sein-Zustand.
Als das Stück zu Ende ging, ein zeitloser Raum schien sich zu schließen, wachte ich wieder auf und begriff, dass dies nur eine introspektive Welt war. Doch es war heilsam und wunderschön. Es gehört zu den fantastischsten Reisen, die ich je unternommen habe. Aber genau für diese Gefühle liebe ich Klaus Schulzes Musik. Das schafft er wie kein anderer. Zumindest bei mir!

Nachfolgend verschwimmen leider die Erlebnisse. Ich schrieb im Chat, war auf dem Hochstand der Gefühle, genoss und liebte und war sehr mitteilungsfreudig. Die empathische Wirkung kam erst jetzt, da ich so vieles gesehen hatte, zur Geltung. Auch fühlte ich eine sehr starke Verbindung zu den wirklich wichtigen Menschen in meinem Leben. Auch wenn ich nur eine Handvoll zähle und auch wenn viele dieser weit entfernt wohnen und mir teilweise auch fremd sind; aber sie sind es, von denen ich lernen kann, die mir nahe stehen, unter denen ich mich authentisch fühle und auf die man sich auch verlassen kann. Es ist nicht leicht Personen kennen zu lernen, für welche man auf natürliche Weise eine Sympathie empfindet. Mir begegnen nur sehr wenige Menschen, auf die das zutrifft. Doch um jeden von ihnen bin ich sehr dankbar.
Im weiteren Verlauf des Abends habe ich noch mehrmals einen Ballon gedampft. Mit jedem weiteren habe ich den Zustand neu hervorheben können; doch jedes Mal ging es weniger hoch und mit jedem Mal schlich sich mehr die Müdigkeit ein. Doch das war mir am späten Abend auch sehr recht. Langsam kamen auch die Gedanken an die Musterung zurück. Kurzum: die Realität überkam mich. Doch von dem reich- und nachhaltigen Gefühl des Trips ging nichts verloren.

Am Tag darauf überstand ich die Musterung. Ergebnis: ausgemustert! Mein Ziel war erreicht, die Welt strahlte – diesmal anders, aber nicht minder wertvoll – auf und ich spürte erst langsam die Erleichterung des ganzen Szenarios. Den Trip behielt ich in den wesentlichen Elementen bei, meine Erinnerung gewährt mir immer noch Zugriff auf die nie geglaubte Fülle des 2C-B. Ich hatte es unterschätzt, hätte nicht für möglich gehalten, für welche Überraschungen 2C-B sorgen kann. Doch nun bin ich um Erfahrungen weiser.
Dieser Abend reiht sich an in die geringe Anzahl unvergesslicher Erlebnisse. Es war der Höhe- und Wandelpunkt einer dunklen, tristen Zeit, in die ich mich freiwillig begeben habe. Doch es läutete ebenso eine neue Zeit ein. Eine Zeit des bewussten, authentischen Lebens. Eine Zeit des Genusses, der Meditation, der Selbstreflektion und der zurückgewonnenen Selbstliebe.

Seither fühle ich mich sehr befreit und genieße – auch nüchtern – das draußen sein. Maßgeblich verändert hat es mich nicht. Auch die Nachwirkung ist nicht zu vergleichen mit einem richtigen Trip. Und dennoch spreche ich diesem Abend kaum weniger Wert zu. Es war reine Ästhetik – die ganze Welt vereint, in meinem Blick!

Und dafür danke ich!
Die Realität ist Spiegelbild der Seele; wird nun das Innere verzerrt, so verschieben sich auch die Wesenszüge der Wirklichkeit.

Re: 2C-B - Im Reich der Sonne

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Yagé hat geschrieben:Um ein möglichst schlechtes Bild darbieten zu können, scheute ich nicht, meine Person zeitweilig zu zerkratzen. Ich vernachlässigte jede Form körperlicher Aktivität und steuerte willkürlich die dunklen und traurigen Seiten in mir an. Auch ein gehäufter – ja, nahezu maßloser – Drogenkonsum spielten eine entscheidende Rolle in der Planung meiner Untauglichkeit aus Sicht der Bundeswehr.
Die Ausmusterung war mir sehr wichtig, weil ich dadurch jedwede, schon tendenziell geplante Zukunft, in Gefahr sah. Dafür war es unabdingbar mich der Verwahrlosung hinzugeben, um die zuständigen Personen im Glauben zu lassen, ich sei eine unzuverlässige, selbstzerstörerische und ignorante Persönlichkeit, welche intern nicht zu dulden sei.
:rofl: himmlisch

Sehr schöner Tripbericht. Du machst mich neugierig auf 2c-b highdose. ;)


peace


mao
Take pain as a game.

Re: 2C-B - Im Reich der Sonne

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jaja, der yage *kicher*

app bundesspeer.. da hatt ichs einfacher. wurde aufgrund meiner allergie gegen hülsenfrüchte ausgemustert.
die meinten wohl, daß die jungs&mädels bei feldübungen mit "riegeln" versorgt werden, die nüsse enthalten können. :freu:

yage hat geschrieben:Der schönste Moment geschah, als ich auf einer Bank saß und zusah wie die Sonne sich langsam gen Horizont neigte. Sie erschien mir so reichhaltig und warm, so lebensspendend und erfüllend, dass mir ihre Bedeutung erst in dem Moment im vollen Umfang bewusst wurde. Ich schloss die Augen, spielte mit den inneren, sich drehenden und auf mich zubewegenden Scheiben – ließ mich fallen und versank in unendlicher Tiefe, gekennzeichnet von Wärme und Geborgenheit. An dieses Gefühl, welches sich dort, an diesem Ort, in dieser Tiefe, offenbarte, erinnere ich mich nur noch ansatzweise. Aber auch wenn in meiner Erinnerung nur noch Konturen dessen sichtbar sind, so weiß ich um einen einzigartigen und wunderschönen Moment!
jo diese "bankphasen" auf wanderungen sind herrlich- die erste frühsommersonne ist auch zu empfehlen. sie ist noch nicht zu heiß, für einen trip. da schiebt sich nicht nur mensch gerne aus dem schattigen gebüsch. :)

tnx for sharing

Re: 2C-B - Im Reich der Sonne

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Danke für eure Kommentare! Es war wahrhaft ein zauberhaftes Erlebnis. Ich erinnere mich gerade daran, wie ich zur Musik getanzt habe - hier, in meiner kleinen Hütte, ungesehen; jeder Takt, jede Melodie war eine Bewegung. Ich versank vollständig darin. Das hätte ich schon fast vergessen. Dabei war das auch einer dieser unglaublich schönen Momente. :)
Mao hat geschrieben:Sehr schöner Tripbericht. Du machst mich neugierig auf 2c-b highdose.
Ich vermute wirklich, dass die Konsummethode wesentlich mit einspielt!
Die Realität ist Spiegelbild der Seele; wird nun das Innere verzerrt, so verschieben sich auch die Wesenszüge der Wirklichkeit.

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